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BFG: Aktuelles zur Gruppenbesteuerung

News – 23.05.2022

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat mit Erkenntnis vom 31.3.2022, RV/7104573/2020, die Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zwischen österreichischen Schwestergesellschaften mit einer deutschen Muttergesellschaft ohne österreichische Zweigniederlassung für zulässig erachtet und gestattet damit einen horizontalen steuerlichen Ergebnisausgleich zwischen den Schwestergesellschaften.

Ausgangslage

Das österreichische Gruppenbesteuerungsregime nach § 9 KStG erlaubt finanziell zu mehr als 50% verbundenen Unternehmen einen steuerlichen Ergebnisausgleich auf Ebene des Gruppenträgers. Als Gruppenträger können unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften oder beschränkt steuerpflichtige Gesellschaften mit einer im Firmenbuch eingetragenen österreichischer Zweigniederlassung fungieren (§ 9 Abs 3 KStG). Eine horizontaler steuerlicher Ergebnisausgleich zwischen österreichischen Schwestergesellschaften mit einer im Ausland ansässigen Muttergesellschaft, die keine österreichische Zweigniederlassung hat, ist somit gesetzlich nicht vorgesehen.

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das BFG mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Gruppenträger-Erfordernis der österreichischen Zweigniederlassung für EU/EWR-Gesellschaften unionsrechtskonform ist.

Der Fall

Eine in Deutschland ansässige GmbH (Bf) hielt jeweils rund 100% der Anteile an zwei österreichischen GmbHs (T1-GmbH und T2-GmbH) und hatte keine österreichische Zweigniederlassung. Im Jahr 2017 stellte die Bf einen Antrag auf Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zwischen der T1-GmbH und der T2-GmbH.

Das Finanzamt wies den Antrag auf Gruppenbildung im Jahr 2019 mit Verweis auf die fehlende österreichische Zweigniederlassung der Bf ab. Gegen diesen Bescheid brachte die Bf das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) versagte das Finanzamt die Gruppenbildung erneut mit Begründung, dass die Bf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 3 KStG nicht erfülle. Gegen die abweisende BVE brachte der Bf einen Vorlageantrag ein.

Entscheidung des BFG

Das BFG hat der Beschwerde stattgegeben und die Bildung der begehrten Unternehmensgruppe im Rahmen der Entscheidung festgestellt.

Begründend führt das BFG aus, dass das Gruppenträger-Erfordernis der österreichischen Zweigniederlassung für ausländische EU/EWR-Körperschaften als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV zu werten und § 9 Abs 3 KStG insoweit unionsrechtswidrig ist. Das BFG verweist idZ auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur niederländischen Gruppenbesteuerung (EuGH 12.6.2014, SCA Group Holding BV ua verbundene Rechtssachen C-39/13, C-40/13 und C-41/13) und zur luxemburgischen Gruppenbesteuerung (EuGH 14.5.2020, B ua, C-749/18), denen gleichgelagerte Sachverhalte zugrunde lagen.

In weiterer Folge setzt sich das BFG mit der Frage der unionsrechtskonformen Auslegung des österreichischen Gruppenbesteuerungsregimes auseinander und bekennt sich – auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Einfachheit – zu einer Auslegung, bei der (i) sich die Wirkung der Gruppe (Ergebnisausgleich) auf inländische Körperschaften beschränkt (kein Einbezug ausländischer Ergebnisbeiträge) und (ii) die Ergebniszurechnung zu jenem inländischen Gruppenmitglied zu erfolgen hat, das die steuerliche Funktion des Gruppenträgers übernimmt.

IdZ besteht – so das BFG – in der vorliegenden Konstellation ein Wahlrecht für den Abgabepflichtigen, welches inländische Gruppenmitglied die Funktion des Gruppenträgers übernehmen soll. Das Wahlrecht ist im Antrag auf Gruppenbildung auszuüben, der von der ausländischen Muttergesellschaft nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 9 Abs 8 KStG einzureichen ist.

Im Rahmen seiner Entscheidung hat das BFG die steuerliche Funktion der Gruppenträgerin – wie von der Bf beantragt – der T2-GmbH zugewiesen mit der Wirkung, dass der T2-GmbH das gesamte Gruppeneinkommen steuerlich zuzurechnen ist. Die Funktion der ausländischen Bf als Muttergesellschaft der T1-GmbH und T2-GmbH beschränkt sich – so das BFG – auf jene des Referenzobjektes für die inländische horizontale Ergebniszurechnung (jedoch kein Ergebniszurechnung und Ergebnisausgleich auf Ebene der ausländischen Muttergesellschaft).

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat das BFG für zulässig erklärt. Das Finanzamt hat gegen die BFG-Entscheidung Amtsrevision erhoben. Die Entscheidung des VwGH bleibt mit Spannung abzuwarten.

Auswirkungen auf die Praxis

Auf Basis der oben angeführten BFG-Entscheidung besteht die Möglichkeit zwischen österreichischen Schwesterngesellschaften mit einer gemeinsamen EU/EWR-Muttergesellschaft ohne österreichische Zweigniederlassung eine Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zu bilden. Dies ermöglicht einen horizontalen steuerlichen Ergebnisausgleich zwischen den österreichischen Schwesterngesellschaften.

Im Rahmen der Antragstellung auf Gruppenbildung ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, welcher der österreichischen Schwestergesellschaften die Gruppenträger-Eigenschaft zugewiesen wird. Denn danach richtet sich nach der BFG-Entscheidung die steuerliche Ergebniszurechnung in der Unternehmensgruppe.

Andererseits spielt die Gruppenträger-Eigenschaft nach allgemeinen Gruppenbesteuerungsgrundsätzen eine Bedeutung für die Verlustverwertung. Anders als für Gruppenmitglieder gelten die einschränkenden Regelungen für Vor- und Außergruppenverluste (§ 9 Abs 6 Z 4 KStG) nicht für steuerliche Verlustvorträge des Gruppenträgers. Spannend ist vor diesem Hintergrund die Reichweite der zugewiesenen Gruppenträger-Funktion. Diese Frage wurde im Verfahren vor dem BFG nicht erörtert, weil nur der Antrag auf Bildung der Unternehmensgruppe streitgegenständlich war, nicht aber die Einkünftefeststellung im Rahmen der Gruppenfeststellungsbescheide des Gruppenträgers/Gruppenmitglieds. Unseres Erachtens sprechen die besseren Gründe dafür, von einem umfassenden Verständnis auszugehen. In diesem Fall wären die oa einschränkenden Bestimmungen für Vor- und Außergruppenverluste für die die Gruppenträger-Funktion übernehmende österreichische Schwestergesellschaft nicht anwendbar und ließe sich die Verlustverwertung in der Unternehmensgruppe durch Wahl des „richtigen“ Gruppenträgers optimieren.

Gerne stehen Ihnen unsere Experten bei Fragen zur Verfügung und unterstützen Sie bei der verfahrensrechtlichen Umsetzung.

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