We for you in
Wechseln zu: LeitnerLeitner
News > BFG: Verlust des Altbestandscharakters bei Zuwendung von Wertpapieren von einer Privatstiftung

BFG: Verlust des Altbestandscharakters bei Zuwendung von Wertpapieren von einer Privatstiftung

News – 02.08.2024

Hände eines Anwalts, der in einem Notizbuch liest mit Laptop und weiteren Büchern und Vertrag am Tisch

Hintergrund

Sachzuwendungen von Privatstiftungen an Begünstigte (zB in Form von Wertpapieren oder Immobilien) sind aus der Sicht der Privatstiftung ertragsteuerlich ein unentgeltlicher Vorgang. Dies bedeutet, dass Wertsteigerungen in den zugewendeten Wirtschaftsgütern auf Ebene der Privatstiftung nicht der Körperschaftsteuer unterliegen.

Zuwendungen an die Begünstigten unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kapitalertragsteuer (KESt), sofern diesbezüglich keine steuerneutralen Substanzauszahlungen vorliegen. Die zugewendeten Wirtschaftsgüter gelten für Zwecke der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte des Begünstigten als „angeschafft“, weshalb für die Bemessung der KESt die „fiktiven Anschaffungskosten“ anzusetzen sind (§ 15 Abs 3 Z 2 EStG).

Sofern Wertpapiere, die auf Ebene der Privatstiftung als steuerliche Altbestände qualifizieren und somit vor dem 1. Jänner 2011 bzw 1. April 2012 entgeltlich erworben wurden, an Begünstigte zugewendet werden, stellt sich die Frage, ob diese Wertpapiere infolge der Zuwendung dieser an Begünstigte den Altbestandscharakter verlieren. Zur Erinnerung: Wertsteigerungen (Kursgewinne) von Wertpapiervermögen des Altbestandes können bei einem späteren Verkauf steuerneutral vereinnahmt werden.

Die Entscheidung des BFG vom 12. Juni 2024, RV/5100730/2022

Sachverhalt

Eine Privatstiftung erwarb im Jahr 2007 Anteile an einem Investmentfonds. Aufgrund der Anschaffung vor dem 1. Jänner 2011 sind diese Fondsanteile dem steuerlichen Altbestand zuzuordnen, dh die aufgelaufenen Wertsteigerungen (Kursgewinne) in diesen Anteilen können bei einem späteren Verkauf steuerneutral vereinnahmt werden (§ 124b Z 185 lit a EStG).

Im Jahr 2015 wurden diese Investmentfondsanteile an einen Begünstigten der Privatstiftung im Rahmen einer Sachzuwendung zugewendet. Der Begünstigte hat diese Anteile teilweise in der Folge veräußert. Im Zuge dessen wurde für den Wertzuwachs in den Anteilen ab dem Zeitpunkt der Zuwendung dieser an den Begünstigten Kapitalertragsteuer einbehalten.

Strittig ist, ob die durch Verkauf der Fondsanteile realisierte Wertsteigerung beim Begünstigten als Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs 3 EStG steuerpflichtig oder aufgrund der Fortführung des Altbestandscharakters der Fondsanteile beim Begünstigten nicht steuerbar ist.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFG normiert § 15 Abs 3 Z 2 EStG eine Anschaffungsfiktion und eine Bewertungsregel für Sach- und Nutzungszuwendungen von Privatstiftungen an Begünstigte. Wird eine Anschaffung fingiert, wird nach Auffassung des BFG auch die Entgeltlichkeit fingiert, sodass ein Anschaffungsvorgang eine entgeltliche Überführung eines Wirtschaftsgutes darstellt. Demnach geht das BFG vom Verlust der Altbestandseigenschaft von Wertpapieren im Rahmen einer Sachzuwendung dieser an die Begünstigten aus. Daher erfolgt der Abzug der KESt auf den im Veräußerungszeitpunkt realisierten Wertsteigerungen nach Ansicht des BFG zurecht.

Konsequenzen und Ausblick

Asymmetrische Betrachtung: Die Sachzuwendung der Privatstiftung erfolgt ohne Gegenleistung und ist somit aus Sicht der Privatstiftung ein unentgeltlicher Vorgang. Der Begünstigte hingegen führt die steuerlichen Anschaffungskosten der Privatstiftung nicht fort. Beim Begünstigten ist ein gesetzlich fingiertes Anschaffungsgeschäft zu unterstellen, dem bei der Privatstiftung kein korrespondierendes Veräußerungsgeschäft gegenübersteht. Dies gilt auch dann, wenn die Zuwendung als steuerneutrale Substanzauszahlung einzustufen ist.

Anschaffungsfiktion vs Entgeltlichkeit: Ob aus dieser Anschaffungsfiktion auch eine Entgeltlichkeit der Zuwendung abzuleiten ist, wird in der Literatur unterschiedlich gesehen. Ein entgeltliches Rechtsgeschäft erfordert grundsätzlich einen Leistungsaustausch, der bei Sachzuwendungen von einer Privatstiftung nicht gegeben ist. Aus den Gesetzesmaterialien zum Schenkungsmeldegesetz 2008 könnte abgeleitet werden, dass Zuwendungen von Privatstiftungen auch aus Sicht des Begünstigten unentgeltlich sind.

Die Entgeltlichkeit der Zuwendung kann beim Begünstigten erhebliche steuerliche Konsequenzen haben. Dies vor allem bei der Zuwendung von folgenden Vermögensgegenständen:

  • Wertpapiervermögen
    • Verlust des Altbestandscharakters – Sind realisierte Kursgewinne/-Verluste steuerabhängig?
  • Immobilien
    • Verlust des Altbestandscharakters für die pauschale Ermittlung der Anschaffungskosten gem § 30 Abs 4 EStG
    • Verlust von bestehenden Zehntel- oder Fünfzehntel-Beträge iSd § 28 Abs 2 und Abs 3 EStG
  • Unternehmensbeteiligungen
    • Verwertung von Verlustvorträgen
    • Beurteilung, ob ein Mantelkauf vorliegt

Gegen oa Entscheidung wurde Revision beim VwGH erhoben. Die Entscheidung des VwGH in dieser Rechtsfrage bleibt somit abzuwarten.

Bei Sachzuwendungen von Privatstiftungen sollten daher die entsprechenden Veranlagungsverfahren bis zur Entscheidung durch den VwGH offengehalten werden.

 

Wir bieten Beratung für Stiftungen. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf!

Autor:innen


Let's get in touch!
Kontakt