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Bundesfinanzgericht: KESt-Befreiung für Dividenden an eine deutsche Familienstiftung

News – 22.07.2020

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat jüngst entschieden, dass eine deutsche Familienstiftung zu den begünstigten Gesellschaften im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie gehört. Daher sind Ausschüttungen einer österreichi-schen GmbH an eine deutsche Familienstiftung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der nationalen Regelung zur Mutter-Tochter-Richtlinie von der Kapitalertragsteuer (KESt) befreit.

 

Hintergrundinformation

Dividenden, die an Körperschaften gezahlt werden, sind bei einer Beteiligungshöhe von mindestens 10 % während eines Zeitraums von mindestens einem Jahr von der KESt befreit. Dies gilt auch für in der/dem EU/EWR ansässige Körperschaften, die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz genannt sind und somit die Voraussetzungen der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllen. Diese Steuerbefreiung steht unter dem Vorbehalt des Missbrauchsverdachts.

 

Der zugrunde liegende Fall

Eine deutsche Familienstiftung erhält mittelbar als Kommanditistin einer deutschen GmbH & Co KG eine Gewinnausschüttung von einer österreichischen GmbH. Die deutsche Familienstiftung hält 97 % an der deutschen GmbH & Co KG, die ihrerseits zu 98,3 % an der österreichischen GmbH beteiligt ist. Die deutsche Familienstiftung ist daher durchgerechnet zu 95,35 % an der österreichischen GmbH beteiligt. Die Beteiligung besteht seit mehr als einem Jahr.

Für diese Ausschüttung wurde vom zuständigen Finanzamt Kapitalertragsteuer per Haftungsbescheid im DBA-konformen Ausmaß (15 %) vorgeschrieben. Dies mit der Begründung, dass ausländische Stiftungen nicht zu den begünstigten Gesellschaften im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie zählten.

Dagegen erhob die österreichische GmbH Beschwerde und beantragte die Reduktion der KESt auf 0 %. Darüber hat das BFG wie folgt erwogen:

 

Die Entscheidung des BFG

Das BFG hält fest, dass die KESt-Befreiung auf Basis der Mutter-Tochter-Richtlinie (umgesetzt durch § 94 Z 2 EStG) auch auf Ausschüttungen einer österreichischen GmbH an eine deutsche Familienstiftung anwendbar ist. Dies wird vom BFG wie folgt begründet:

  1. Zum einen handle es sich bei einer deutschen rechtsfähigen Stiftung um eine „andere nach deutschem Recht gegründete Gesellschaft im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie“. Unter Verweis auf die herrschende Literatur hält das BFG fest, dass die Kriterienprüfung für die Anwendbarkeit der Richtlinie ausschließlich aus der Perspektive des jeweiligen Ansässigkeitsstaates der empfangenden Gesellschaft (hier: Deutschland) zu prüfen sei. Für eine deutsche Familienstiftung seien die Kriterien unter Verweis auf die deutsche Literatur erfüllt.
  2. Zum anderen wäre – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen einer Ansässigkeitsbescheinigung) – im gegenständlichen Fall auch eine Entlastung auf Basis der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit und somit auf Basis des EU-Primärrechts zu gewähren. Dies deshalb, weil das österreichische Steuerrecht eine KESt-Entlastung für Ausschüttungen an österreichische Privatstiftungen vorsieht und daher die Erhebung von KESt auf Ausschüttungen an eine vergleichbare deutsche Stiftung zu einer unionsrechtswidrigen Diskriminierung führen würde. Behandeln daher Mitgliedsstaaten landesinterne Beteiligungen großzügiger als von den Standards der Mutter-Tochter-Richtlinie gefordert, müssen sie auch vergleichbare grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb des Binnenmarktes begünstigen. Die Anwendbarkeit der Niederlassungsfreit wird vom BFG damit begründet, dass der von der Niederlassungsfreiheit geschützte Gesellschaftsbegriff grundsätzlich auch Stiftungen erfasse, weil gesellschaftsrechtliche Beteiligungsverhältnisse nicht obligatorisch sind. Entscheidend für die Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf Stiftungen sei jedoch, dass diese erwerbswirtschaftlich tätig sind. Das BFG geht in weiterer Folge davon aus, dass bei einer Familienstiftung ein erforderlicher „Erwerbszweck“ dann anzunehmen sei, wenn die Familienstiftung eine Kontrollbeteiligung an einem Unternehmen hält, die ihr sicheren Einfluss auf die Entscheidung der betreffenden Gesellschaft verleiht und die es ihr ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen. Dies ist nach Ansicht des BFG ab einer Beteiligung von 50 % (hier: 95,35 %) anzunehmen.

Ein Missbrauchsverdacht bestehe – so das BFG – im vorliegenden Fall nicht. Denn die Konzernstruktur mit der deutschen Familienstiftung und der Einbindung der österreichischen GmbH ist langjährig gewachsen. Zudem sei die Struktur weder ungewöhnlich noch liegen Tatsachen vor, die darauf schließen ließen, dass sie lediglich aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wurde.

 

Auswirkungen auf die Praxis

Deutsche Familienstiftungen qualifizieren nach dieser Entscheidung auf Basis der Mutter-Tochter-Richtlinie für die KESt-Befreiung für Dividenden, die von österreichischen Gesellschaften bezogen werden, wenn eine Beteiligung von mindestens 10 % vorliegt.

Über den Typenvergleich einer deutschen Familienstiftung mit einer österreichischen Privatstiftung war im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, weil für die Anwendbarkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie nach herrschender Auffassung kein Typenvergleich für EU-Gesellschaften zu erfolgen hat.

Andere in der EU/EWR ansässige mit österreichischen Privatstiftungen vergleichbare Stiftungen sollten unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit ebenfalls eine Entlastung von der KESt auf Ausschüttungen von österreichischen Gesellschaften verlangen können, sofern diese erwerbswirtschaftlich tätig sind. Dies wäre zB bei Holdingstiftungen ab einer Beteiligungshöhe von 50 % der Fall.

Der österreichischen Abgabenbehörde gegenüber ist der Nachweis zu erbringen, dass keine missbräuchliche Gestaltung vorliegt. Darüber hinaus ist eine entsprechende Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Stiftung ist als Formalvoraussetzung für die Entlastung von der KESt vorzulegen.

Autor:innen

  • Alexander Kras
    Steuerberater | Director
  • Tatjana Polivanova-Rosenauer
    Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin
  • Yvonne Schuchter-Mang
    Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin

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