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Gesetzliche Neuerungen des AbgÄG 2022

News – 02.08.2022

Am 13. Juli 2022 wurde das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) im Bundesrat beschlossen und kürzlich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl I Nr 108/2022). Nachstehend dürfen wir Ihnen einen kompakten Überblick über die wesentlichen gesetzlichen Neuerungen geben.

1 Einkommensteuer

Steuerbefreiung für „kleine“ Photovoltaikanlagen

Einkünfte, die natürliche Personen aus der Einspeisung von bis zu 12.500 kWh Strom erzielen, sind von der Einkommensteuer befreit. Die Engpassleistung der Photovoltaikanlage darf 25 kWp nicht überschreiten (typisierende Grenze für private, primär der Eigenversorgung dienende Anlagen). Der Freibetrag steht pro Person (und nicht pro Photovoltaikanlage) zur Verfügung.

Steuerbegünstigung Öffi-Tickets

Bei Wochen-, Monats- oder Jahresnetzkarten für den öffentlichen Verkehr (Öffi-Ticket), die sowohl für betrieblich veranlasste als auch private Fahrten genutzt werden, sind 50 % der Ausgaben pauschal als Betriebsausgaben abzugsfähig. Zur Inanspruchnahme ist lediglich glaubhaft zu machen, dass das Öffi-Ticket auch für betrieblich veranlasste Fahrten verwendet wird.

Forschungsprämie

Zu den Änderungen im Bereich Forschungsprämie siehe unser Mailing „Forschungsprämie im Abgabenänderungsgesetz 2022“ vom 18. Juli 2022.

2 Umsatzsteuer

Umsatzsteuerzinsen

In der Bundesabgabenordnung wurde aufgrund der Rechtsprechung eine Verzinsungsregelung für die Umsatzsteuer geschaffen (Umsatzsteuerzinsen, § 205c BAO). Nach dieser Bestimmung sind USt-Gutschriften ab dem 91. Tag nach Einlagen der Umsatzsteuervoranmeldung bzw -jahreserklärung bis zur Verbuchung am Abgabenkonto bzw Bescheidbekanntgabe zu verzinsen. USt-Nachforderungen sind ab dem 91. Tag nach Fälligkeit der Vorauszahlung bis zum Einlangen der Umsatzsteuervoranmeldung zu verzinsen. Bei USt-Nachforderungen, die durch eine Umsatzsteuerjahreserklärung bewirkt sind, beginnt die Verzinsung mit 1. Oktober des Folgejahres. Die Umsatzsteuerzinsen betragen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz.

Kein Reverse Charge bei Grundstücksvermietung durch ausländische Unternehmer

Bei der Vermietung eines österreichischen Grundstückes zu Geschäftszwecken durch einen ausländischen Unternehmer geht die Steuerschuld grundsätzlich nicht mehr auf den Leistungsempfänger über (kein Reverse Charge). Demnach schuldet der ausländische Unternehmer die Umsatzsteuer und hat diese im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu erklären. Korrespondierend dazu kann der ausländische Unternehmer Vorsteuern im Veranlagungsverfahren geltend machen und muss dafür kein Vorsteuererstattungsverfahren durchlaufen. Mit dieser Gesetzesänderung wird die Rechtslage vor der EuGH-Entscheidung „Titanium“ wiederhergestellt.

Dreiecksgeschäfte mit mehr als drei Unternehmen

Die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte wurde auf Reihengeschäfte mit mehr als drei Personen ausgeweitet. Bislang war ein Dreiecksgeschäft ausdrücklich nur bei einem Reihengeschäft mit genau drei Personen möglich.

Steuerbefreiung für grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Eisenbahn

Aus ökologischen Gründen wurden grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil von der Umsatzsteuer befreit. Bisher war nur der österreichische Streckenteil für die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit dem Flugzeug oder Schiff befreit.

Verlängerung Steuerbefreiung auf Schutzmasken

Die COVID-19-bedingte Umsatzsteuerbefreiung auf Schutzmasken wurde bis zum 30. Juni 2023 verlängert.

3 Umgründungen

Keine Entnahmebesteuerung bei umgründungsbedingten Depotübertragungen

Bei Depotübertragungen im Rahmen von Umgründungen nach dem UmgrStG kann eine Entnahmebesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen künftig unterbleiben (kein KESt-Abzug). Zur Inanspruchnahme der Begünstigung hat der Steuerpflichtige die inländische depotführende Stelle vom Bankgeheimnis zu entbinden und mit der Mitteilung bestimmter Daten an das zuständige Finanzamt zu beauftragen. Bei einer ausländischen depotführenden Stelle hat der Steuerpflichtige die Mitteilung an das zuständige Finanzamt selbst vorzunehmen.

Neuer Festsetzungstatbestand bei grenzüberschreitender Einbringung von Kapitalanteilen

Bei der Einbringung von in Österreich steuerhängigen Kapitalanteilen in eine EU-/EWR-Körperschaft durch natürliche Personen oder beschränkt Steuerpflichtige kann die Besteuerung im Rahmen des sog Anteilstausch-Regimes bis zur Veräußerung der Gegenleistungsanteile aufgeschoben werden (Steuerstundung). Künftig entfällt die Steuerstundung auch dann, wenn (i) die eingebrachten Kapitalanteile durch die übernehmende Körperschaft veräußert werden und (ii) im zeitlichen Zusammenhang ein Wegzug des Einbringenden oder eine unentgeltliche Übertragung der Gegenleistungsanteile erfolgt.

4 Internationales Steuerrecht

Vereinfachungen bei der Lohnsteueranrechnung/-erstattung

Behält der Arbeitgeber bei unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen aufgrund DBA-befreiter Einkünfte eine zu hohe Lohnsteuer ein, kann diese Lohnsteuer künftig im Veranlagungsverfahren auf die Einkommensteuer angerechnet bzw erstattet werden. Bisher war die Erstattung nur im Wege eines gesonderten Rückerstattungsverfahrens möglich.

KESt-Rückerstattung für Portfoliodividenden durch Drittstaatsgesellschaften

Aufgrund der Rechtsprechung steht künftig beschränkt steuerpflichtigen, in Drittstaaten ansässigen Körperschaften eine KESt-Rückerstattung für Portfoliodividenden offen. Voraussetzung für eine Rückerstattung ist, dass mit dem Drittstaat eine umfassende Amtshilfe besteht.

Sondersteuersatz ausländischer Kreditinstitute bei nicht verbrieften Derivaten

Bisher konnten ausländische Kreditinstitute – anders als inländische Kreditinstitute – bei Einkünften aus  nicht verbrieften Derivaten keine der KESt entsprechende Steuer einheben und somit keinen Sondersteuersatz von 27,5 % vermitteln. Nach der Rechtsprechung war dies unionsrechtswidrig.

Nunmehr wurden ausländische Kreditinstitute weitgehend mit inländischen gleichgestellt, sodass auch ausländischen Kreditinstituten die Möglichkeit offensteht, eine der KESt vergleichbare Steuer für Einkünfte aus nicht verbrieften Derivaten freiwillig einzubehalten. Dieser freiwillige KESt-Einbehalt vermittelt dem Anleger die Besteuerung dieser Einkünfte mit dem besonderen Steuersatz von 27,5%. Erfolgt kein freiwilliger KESt-Abzug, sind diese Einkünfte vom Anleger mit dem normalen progressiven Einkommensteuersatz zu versteuern. Zur Sicherstellung des korrekten Einbehalts und Abfuhr der KESt ist jedoch die Bestellung eines inländischen steuerlichen Vertreters und dessen Einbeziehung in die KESt-Haftung erforderlich. Zudem ist die Neuregelung auf Länder mit umfassender Amtshilfe eingeschränkt.

Multilaterale Risikobewertung (ICAP)

Das auf OECD-Ebene geschaffene International Compliance Assurance Programm (ICAP) sieht eine gemeinsame Bewertung und Analyse grenzüberschreitender Besteuerungsrisiken durch mehrere Steuerverwaltungen gemeinsam mit multinationalen Unternehmen auf freiwilliger Basis vor. Im Rahmen des AbgÄG 2022 wurde die verfahrensrechtliche Grundlage für die Teilnahme an diesem Programm geschaffen. Die Teilnahme setzt einen Antrag voraus und steht bestimmten multinationalen Unternehmen (Umsatzerlöse > EUR 750 Mio) offen. Das Verfahren ist in drei Phasen, die Auswahl-, Risikobewertungs- und Ergebnisphase, unterteilt.

5 Verfahrensrecht

Virtuelle „Meetings“ Abgabenverfahren

Anlässlich der COVID-19-Pandemie wurde im Abgabenverfahren die befristete Möglichkeit zur Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung beispielsweise durch Telefonkonferenzen oder Videokonferenzen via Skype, MS-Teams, Zoom, Webex eingeräumt. Mit dem AbgÄG 2022 wird diese Möglichkeit unbefristet weitergeführt.

Aufzeichnungspflicht Einkünfte aus Kapitalvermögen

Bislang bestanden für Einkünfte aus Kapitalvermögen keine allgemeinen Aufzeichnungspflichten. Mit dem AbgÄG 2022 wurde eine (formale) Aufzeichnungspflicht für nicht endbesteuerte Kapitalerträge (dh kein KESt-Abzug) eingeführt. Die Aufzeichnungen sind mindestens 7 Jahre lang aufzubewahren. Aus praktischer Sicht zielt die Aufzeichnungspflicht insbesondere auf bei Banken im Ausland erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen ab.

Verfahrensbeschleunigung Bundesfinanzgericht

Mit dem AbgÄG 2022 wurde eine zeitliche Begrenzung des Berücksichtigungsgebots neuer Tatsachen, Beweise und Anträge im Falle einer durchgeführten mündlichen Verhandlung mit deren Schließung eingeführt. Damit wird für den Zeitraum nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein „Neuerungsverbot“ eingeführt.

Zudem wurde eine Verfahrensförderungspflicht implementiert. Damit kann das Bundesfinanzgericht Beweisanträge zurückweisen, wenn diese aus objektiver Sicht bereits früher hätten gestellt werden können. Im Vorlageantrag gestellte Beweisanträge sind jedenfalls rechtzeitig.

Autor:innen

  • Gebhard Furherr
    Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Partner | Gesellschafter
  • Johannes Reiter
    Steuerberater | Director

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