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VwGH bestätigt Zulässigkeit horizontaler Gruppenbildung (Schwesterngruppe)

News – 27.06.2024

VwGH bestätigt Zulässigkeit horizontaler Gruppenbildung (Schwesterngruppe) mit EU/EWR-Körperschaft als Gruppenträger

Mit Erkenntnis vom 31. März 2022, RV/7104573/2020 hatte das Bundesfinanzgericht (BFG), die Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zwischen österreichischen Schwestergesellschaften mit einer deutschen Muttergesellschaft ohne österreichische Zweigniederlassung für zulässig erachtet und gestattete damit einen horizontalen steuerlichen Ergebnisausgleich zwischen den Schwestergesellschaften (Details zur Entscheidung des BFG finden Sie auch in unserem Newsroom-Beitrag vom 23. Mai 2022).

Der VwGH hat die Zulässigkeit der horizontalen Gruppenbildung mit Erkenntnis vom 27. März 2024, Ro 2023/13/0018, bestätigt. Hinsichtlich der technischen Umsetzung hat der VwGH jedoch einen anderen Lösungsweg als das BFG vertreten.

Sachverhalt

Eine in Deutschland ansässige GmbH (Bf) hielt jeweils rund 100 % der Anteile an zwei österreichischen GmbHs (T1-GmbH und T2-GmbH) und hatte keine österreichische Zweigniederlassung. Im Jahr 2017 stellte die Bf einen Antrag auf Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zwischen der T1-GmbH und der T2-GmbH, der vom Finanzamt abgewiesen wurde.

Schwesterngruppe-Skizze

Entscheidung des VwGH

Der VwGH bestätigt zunächst, dass die österreichische Regelung des § 9 Abs 3 KStG, wonach beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften nur dann Gruppenträger sein können, wenn die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern einer inländischen Zweigniederlassung zuzurechnen sind, zu einer verbotenen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führt.

Laut VwGH ist die Unionsrechtswidrigkeit durch den materiell geringsten Eingriff in das nationale Recht zu beseitigen. Als materiell geringsten Eingriff erachtet der VwGH (abweichend zum BFG), dass (i) die ausländische Muttergesellschaft als Gruppenträger festzustellen ist und (ii) für Zwecke der Zusammenrechnung der Ergebnisse der Gruppenmitglieder die unmittelbaren Tochtergesellschaften als Betriebsstätten zu betrachten sind.

Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen die Gruppenträgerfunktion einer der österreichischen Schwesterngesellschaften zuzuweisen, schließt der VwGH (abweichend zum BFG) aus. Hintergrund dafür dürfte gewesen sein, dass die Ermittlung des Ergebnisses bei Gruppenträger und Gruppenmitglied insbesondere betreffend Vor- und Außergruppenverluste unterschiedlich geregelt ist und eine Vermengung der Gruppenmitglieds- und Gruppenträgerfunktion unerwünschte Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet hätte.

Die Besteuerung des Gruppenergebnisses erfolgt beim ausländischen Gruppenträger. Das Besteuerungsrecht der zusammengefassten steuerlichen Ergebnisse der österreichischen Gruppenmitglieder steht Österreich zu, weil diese als inländische Betriebsstätten des Gruppenträgers anzusehen sind.

Abschließend hält der VwGH fest, dass Verlustüberhänge aus dem Gesamtergebnis der österreichischen Gruppenmitglieder vortragsfähige Verluste des ausländischen Gruppenträgers darstellen. Ein Verlust, der in den Verlustvortrag des Gruppenträgers eingegangen ist, verbleibt dauerhaft (selbst bei Ausscheiden des verlustverursachenden Gruppenmitglieds) bei diesem.

Auswirkungen auf die Praxis

Auf Basis der oben angeführten VwGH-Entscheidung besteht die Möglichkeit zwischen österreichischen Schwesterngesellschaften mit einer gemeinsamen EU/EWR-Muttergesellschaft ohne österreichische Zweigniederlassung eine Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zu bilden. Dies ermöglicht erstmalig einen horizontalen steuerlichen Ergebnisausgleich zwischen den österreichischen Schwesterngesellschaften.

Der VwGH-Entscheidung lag der denkbar einfachste Sachverhalt, mit einer ausländischen Muttergesellschaft und zwei inländischen Tochtergesellschaften, zugrunde. Es ist daher offen, ob und ggf wie sich komplexere Sachverhaltskonstellationen (mehrstöckige Strukturen mit in- und ausländischen Beteiligungen) auf Basis der vom VwGH vorgenommenen Interpretation lösen lassen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber reagiert und eine unionsrechtskonforme Rechtslage herstellt. Wir halten Sie hinsichtlich etwaiger gesetzlicher Neuerungen auf dem Laufenden!

Bei Fragen stehen Ihnen unsere Experte:innen gerne zur Verfügung und unterstützen Sie bei der verfahrensrechtlichen Umsetzung.

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