Zoll & Steuern im Außenhandel – 3. Quartal 2024
Newsletter – 10.10.2024
Aktuelle mailingLeitner – Zoll & Steuern im Außenhandel zu folgenden Themen:
Zollrecht
Anwendung der 10jährigen Verjährungsfrist bei falscher Tarifierung von importierten Waren (BFG-Erk vom 13.06.2024, RV/7200049/2023)
Laut zugrundeliegendem Sachverhalt betreibt die Beschwerdeführerin in Österreich ein Unternehmen, das unter anderem elektronische Geräte herstellt und vertreibt. Für die Zollabfertigung und die Abgabe der Zollanmeldungen war eine Spedition als direkte Vertreterin und alleiniger Verzollungsspediteur der Beschwerdeführerin zuständig.
Im gegenständlichen Fall wurden USB-Kabeln – trotz einer bestehenden EU-Einreihungsverordnung für diese Waren – unter Anwendung einer falschen Zolltarifnummer importiert (vom Zollamt festgestellter Zollsatz 3,3 % statt der erklärten 0 %). Die Zollbehörde ging im gegenständlichen Fall davon aus, dass die Zollschuld aufgrund einer zum Zeitpunkt ihrer Begehung strafbaren Handlung entstanden ist und brachte daher nicht die reguläre Verjährungsfrist von 3 Jahren, sondern die lange Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäß § 60 ZollR-DG zur Anwendung. Begründend wurde von den Zollbehörden ausgeführt, dass man sich über die geltende Rechtslage im Zusammenhang mit der Einreihung von USB-Kabeln überhaupt nicht informiert habe und es dadurch zu einer fehlerhaften Tarifierung gekommen sei.
Das BFG bestätigt in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 2024, RV 7200049/2023 die Vorschreibung bzw die Anwendung der 10-jährigen Verjährungsfrist und verweist insbesondere auf folgende Punkte:
- Im Amtsblatt veröffentlichtes Recht gilt mit dem Tag der Veröffentlichung als bekannt, insbesondere bei gewerblichen Einführern, die mit Rechtsänderungen rechnen müssen. Sie müssen sich daher selbst durch Einblick in die einschlägigen Ausgaben des Amtsblatts informieren.
- Ein Spediteur, der es gewerbsmäßig unternimmt, für seine Kunden die Einreihung einzuführender Waren in den Zolltarif vorzunehmen und es dabei unterlässt, sich über einschlägige im Amtsblatt der EU veröffentlichte Einreihungsverordnungen zu informieren und auch sonst keinerlei Auskünfte hinsichtlich der zutreffenden Tarifierung einholt, handelt grob fahrlässig.
- Im gegenständlichen Fall liegt auch kein entschuldbarer Irrtum vor. Denn für den Irrtum der Zollbehörden verlangt der EuGH ein Handeln der zuständigen Behörden und die Ursächlichkeit dieses Handelns für ihren Irrtum („aktiver“ Irrtum).Werden hingegen die Angaben in der Zollanmeldung nur hingenommen, beispielsweise im Rahmen des E-Zoll wie angemeldet angenommen, liegt mangels eigener Tätigkeit des Zollamts kein Irrtum vor. Ein Irrtum kann zwar in bestimmten Fällen auch schon in der langjährigen unrichtigen Abfertigungspraxis bei widerspruchsloser Entgegennahme der Zollanmeldung bestehen, wenn diese alle notwendigen und zutreffenden Angaben enthält (insbesondere wenn die Unrichtigkeit der Anmeldung für eine vollständig angemeldete Ware bei einem Vergleich zwischen der angemeldeten Tarifposition und der ausdrücklichen Warenbezeichnung entsprechend dem Tarifschema erkennbar war und die Zollbehörde aufgrund der unrichtig angemeldeten Tatsachen tatsächliche Feststellungen der Abgabenfestsetzung zu Grunde legte). Eine solche Konstellation lag gegenständlich jedoch nicht vor.
Prüfungsbefugnis für Ursprungsnachweise (BFG-Erk vom 04.07.2024, RV/1200036/2020)
In den verfahrensgegenständlichen Fällen importierte eine in Österreich ansässige Beschwerdeführerin Waren aus der Schweiz nach Österreich. Die Bf trat laut Rechnungen als Verkäuferin auf und gab in diesem Zusammenhang Ursprungserklärungen als Ausführerin aus der Schweiz ab (wo sie ua auch für mehrwertsteuerliche Zwecke registriert war). Das österreichische Zollamt erkannte die Ursprungserklärungen auf den Rechnungen jedoch nicht an, da die Beschwerdeführerin als Unterzeichner nicht befugt gewesen sei, eine solche Erklärung abzugeben (ua da sie in der Schweiz nach Ansicht der Zollbehörden nicht ansässig sei).
Das BFG stellte in seiner Entscheidung vom 04. Juli 2024, RV/1200036/2020, fest, dass im Anwendungsbereich zollrechtlicher Abkommen zu prüfen ist, ob der Zollbehörde des Einfuhrstaates das Recht zusteht, einseitig Ursprungserklärungen, die im anderen Vertragsstaat ausgestellt wurden, zu widerrufen oder ob sie die zuständige Behörde des Ausfuhrstaates zur Prüfung ersuchen muss.
Nach den weiteren Ausführungen des BFG richtet sich im gegenständlichen Fall die Frage, ob der Unterzeichner berechtigt war, eine Erklärung über den Ursprung abzugeben, nach Schweizerischem Recht. Das österreichische Zollamt hätte die Ursprungserklärung an die Zollbehörden der ausführenden Vertragspartei zurücksenden müssen, dh die konkrete Prüfung („Verifizierung“) hätte durch die Schweizerischen Zollbehörde durchgeführt werden müssen.
Dies wurde unterlassen, sodass eine einseitige Ungültigerklärung durch die österreichischen Zollbehörden sohin rechtswidrig war.
Das BFG betont, dass im Kern des Verfahrens wesentliche Ermittlungsschritte unterlassen wurden. Das BFG sei in diesem Fall jedoch keinesfalls berechtigt, diese nachzuholen, da gemäß Art 32 Abs 1 bis 3 PEM die Prüfungseinleitung durch Verifizierung zwingend durch eine Behörde vorzunehmen ist. Da im vorliegenden Fall die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts nur durch eine Behörde angeregt (Zollamt Österreich) und von einer anderen Behörde (schweizerische Zollbehörde) geprüft werden darf, ist die Aufhebung mit Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde zulässig und alternativlos.
Registrierung eines Speditionsunternehmens als „registrierter Ausführer“ (BFG-Erk vom 27.08.2024, RV/1200011/2023)
Im vorliegenden Fall wickelte ein Logistikunternehmen (Beschwerdeführer) als zollrechtlicher Ausführer unter anderem Ausfuhren in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland für einen in Liechtenstein ansässigen Verkäufer von Waren ab. Die betreffenden Waren werden von verschiedenen Lieferanten innerhalb der Union bezogen und bis zum Weiterverkauf bei der Beschwerdeführerin gelagert. Für Zwecke der unmittelbaren Abgabe von Ursprungserklärungen in der Rechnung für diese Ausfuhren beantragte das Logistikunternehmen eine Registrierung als „registrierter Ausführer“. Das Zollamt wies den Antrag auf Registrierung zurück und begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin nur als Vertreterin tätig werde.
Das BFG vertritt mit Erk vom 27. August 2024, RV/1200011/2023 die Ansicht, dass ein in der Union ansässiges Speditionsunternehmen, das Vertragspartei mit dem im Drittland ansässigen Verkäufer über das Verbringen von Waren aus dem Zollgebiet in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ist und deshalb als Ausführer nach Art 1 Z 19 lit b sublit ii UZK-DA auftritt, auch als präferenzrechtlicher Ausführer handeln kann, sofern es den Ursprung der Waren nachweist, und den Status eines „registrierten Ausführers“ iSd Art 37 Z 21 UZK-DA erlangen kann. Das BFG hat die ordentliche Revision zugelassen.
Neue Regeln des PEM-Übereinkommens gelten ab 1. Januar 2025
Mit 1. Jänner 2025 treten die modernisierten Regeln des Pan-Euro-Med Übereinkommen in Kraft und ersetzen die bisherigen Bestimmungen. Bereits zuvor galten in einigen Ländern Übergangsregelungen.
Die neuen Regelungen bringen insbesondere folgende Vereinfachungen:
- Einfachere Be- und Verarbeitungsregeln
- Höhere Toleranzschwellen
- Abschaffung des Draw-Back-Verbots für viele Waren
- Ab-Werk-Preis sowie der Wert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft können anhand von Durchschnittswerten eines Steuerjahres berechnet werden
- EUR-MED Erklärung entfällt
Diese Änderungen können Auswirkungen auf die Ursprungskalkulation haben, insbesondere für Unternehmen, die in Länder der Paneuromed-Zone liefern. Konkret sind die neuen Regelungen insbesondere im Warenverkehr mit folgenden Ländern zu beachten: Schweiz, Island, Liechtenstein, Norwegen, die Färöer-Inseln, die Türkei, Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, die palästinensischen Gebiete, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo.
Verbrauchsteuern
Versandhandel von verbrauchsteuerpflichtigen Waren (Schlussanträge GA Pikamäe 26.9.2024, C-596/23, Pohjanri)
Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob Waren beim Verkauf über eine Website dann als „direkt oder indirekt vom Verkäufer oder für dessen Rechnung in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert“ anzusehen sind, wenn der Verkäufer in einer Weise handelt, die den Käufer bei der Wahl des mit der Beförderung der betreffenden Waren beauftragten Unternehmens lenkt (mit dem Ergebnis, dass der Verkäufer nach Maßgabe des im verfahrensgegenständlichen Fall anwendbaren Art 36 Abs 1 der Richtlinie 2008/118/EG im Bestimmungsland verbrauchsteuerpflichtig wird). Dies wird vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen bejaht. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Umstand relevant, dass
- die Website des Verkäufers eine oder mehrere bestimmte Transportunternehmen empfiehlt, dass sie
- Angaben zu den Transportkosten bereitstellt, die dem Käufer, der eine dieser Gesellschaften wählt, entstehen, und dass sie
- einen Link zu der Website jedes dieser Unternehmen enthält, wobei nach dem Aufruf dieses Links Informationen über die zu befördernden Waren ohne weiteres Zutun des Käufers an die jeweilige Website übermittelt werden.
- Dass der Käufer zwei separate Verträge mit dem Verkäufer und dem Transportunternehmen abschließt, ist für die Zwecke dieser Beurteilung hingegen nicht relevant.
(Einfuhr)Umsatzsteuer
Zum Anwendungsbereich der Versandhandelsregelung des Art 3 Abs 3 UStG (VwGH 26.06.2024, Ro 2022/15/0002)
Im gegenständlichen Fall lieferte ein Unternehmen Waren aus einem Drittland nach Österreich an private Empfänger. Die Waren wurden zunächst aus dem Drittland in die Niederlande transportiert, dort zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt und anschließend nach Österreich weiter transportiert. Fraglich war, ob diese Lieferungen unter Anwendung der EU-Versandhandelsregelung aufgrund des vorgelagerten Imports in den Niederlanden der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Dies war nach der für die streitgegenständlichen Fälle gültigen Rechtslage (Art 33 Abs 2 MWStSystRL idF bis 30. Juni 2021) dann der Fall, wenn der Import in den Niederlanden durch die Lieferantin und nicht durch den Empfänger der Warenlieferung erfolgt ist.
Das BFG kam im streitgegenständlichen Fall zum Ergebnis, dass die Lieferantin als Importeur zu qualifizieren ist, ua da diese als Organisatorin und wirtschaftlich allein Verantwortliche zu qualifizieren ist bzw die Ablauforganisation von dieser bestimmt wurde. Die dagegen erhobene Revision wurde vom VwGH mit seinem Erk vom 26. Juni 2024, Ro 2022/15/0002 als unbegründet abgewiesen und verweist der Gerichtshof begründend auf folgende Punkte:
- Gemäß § 26 UStG sind zwar für die EUSt die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß anzuwenden, dies gilt aber nicht für die Definition des Tatbestandes der Einfuhr. Eine Einfuhr liegt gemäß § 1 Abs 1 Z 3 UStG vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt. Auch die unionsrechtliche Grundlage des Einfuhrbegriffs (Art 30 MwStSystRL) enthält keinen Verweis auf die zollrechtlichen Vorschriften. Demnach gilt als „Einfuhr eines Gegenstands“ die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr befindet, in die Gemeinschaft.
- Die für die gegenständliche Beurteilung relevanten Vorschriften (Art 3 Abs 3 letzter Satz UStG sowie Art 33 Abs 2 MwStSystRL) stellen nicht darauf ab, wer Schuldner der EUSt ist, sondern wer die Gegenstände eingeführt hat.
- Nach den Feststellungen des BFG wurden die Waren im Auftrag und für Rechnung der Revisionswerberin gehandelt, die alle aus den gegenständlichen Einfuhren resultierenden Einfuhrabgaben getragen habe.
- Vor dem Hintergrund der gegebenen Konstellation ist unzweifelhaft von einer dem Lieferer zuzurechnenden Einfuhr auszugehen, weil der Einfuhrvorgang zur Gänze in dessen Einflussbereich lag. Dass die Einfuhr in Vertretung der Endabnehmer erfolgt und somit diesen zuzurechnen wäre, ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht auf deren Rechnung erfolgt ist.
Update Nationale CO2-Steuer
Neuregelung Entlastungsmaßnahmen
Wie bereits im letzten Newsletter „Zoll & Steuern im Außenhandel 2. Quartal 2024“ erwähnt, wurde das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz („CO2-Steuer“) geändert und insbesondere die Entlastungsmaßnahmen für „Energieintensive Betriebe und Carbon Leakage“ neu geregelt. Demnach können sich bestimmte Unternehmen die beim Einkauf von fossilen Energieträgern anfallende (bzw von den Verkäufern auf sie überwälzte) CO2-Steuer wieder teilweise unter folgenden Voraussetzungen refundieren lassen:
- Vorliegen eines energieintensiven Betriebs: Ein energieintensiver Betrieb liegt vor, soweit die entrichteten Energieabgaben und Kosten der nationalen Emissionszertifikate für die in Anlage 1 NEHG genannten Energieträger (die für Heizzwecke verwendet wurden), in einem Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) 0,5 % des Nettoproduktionswertes übersteigen.
- Verwendung Energieträger für Heizzwecke: Entlastungsfähig sind nur jene Mengen an Energieträgern, die für Heizzwecke (nicht als Treibstoff) verwendet wurden. Darunter sind nach den Erläuterungen insbesondere Prozesswärme und Raumheizung zu verstehen.
- Bezug von Energieträgern, die endgültig mit der CO2-Steuer belastet wurden: Diese Voraussetzung ist zB nicht erfüllt, wenn für die Energieträger eine Befreiung gilt und diese somit überhaupt nicht der CO2-Steuer unterliegen (zB aufgrund der Lieferung an Unternehmen, deren Anlagen dem EU ETS I unterliegen und die Kosten für die CO2-Steuer nicht weiterverrechnen).
- Klimaschutzmaßnahmen: Die gewährte Entlastung ist zu mindestens
80 % in Klimaschutzmaßnahmen zu reinvestieren. Darunter fallen jene Maßnahmen, die zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen oder zur Verringerung des Energieverbrauchs innerhalb des Betriebs beitragen. Abweichend davon beträgt der Reinvestitionsanteil in der Einführungsphase 50 %. Der Nachweis über die Erfüllung des Investitionserfordernisses hat grundsätzlich innerhalb von 12 Monaten ab Auszahlung der Entlastungsmaßnahmen zu erfolgen.
Die Höhe der Entlastung beträgt grundsätzlich 45 % der Mehrbelastung, bei Betrieben laut Anlage 2 ist eine höhere Entlastung vorgesehen. Die Berechnung ist wie folgt vorzunehmen:
- entlastungsfähige Menge an Energieträgern mal Emissionsfaktor gemäß Anlage 1 mal Zertifikatspreis für Jahr der Lieferung.
Der Antrag ist beim Amt für nationalen Emissionszertifikatehandel (AnEH) elektronisch einzubringen und sind dabei folgende Fristen zu beachten:
- Jahre 2022 und 2023: Antragsfrist beginnt am 1. Oktober 2024 und endet am 30. November 2024
- Ab dem Jahr 2024: Antragsfrist beginnt am 1. Mai des Folgejahres und endet am 30. Juni des Folgejahres
Der Antrag ist zwingend von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter sowohl auf die formelle als auch inhaltliche Richtigkeit der Angaben zu prüfen. Die Höhe der Entlastung wird anschließend von der Behörde mit Bescheid festgestellt.
Autor:innen
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Peter PichlerSteuerberater | Partner | GesellschafterDetails zur Person