Zoll & Steuern im Außenhandel – 3. Quartal 2025
News – 14.10.2025

Hier finden Sie den Inhalt unseres Newsletters „Zoll & Steuern im Außenhandel“
Zollrecht
Amtswegige Erstattung von zu Unrecht erhobenen Einfuhrabgaben – EuGH 1. August 2025, C-206/24, Caves Andorranes
Laut Sachverhalt hatten die französischen Zollbehörden in den Jahren 1988 bis 1991 zu Unrecht Einfuhrabgaben erhoben. Streitentscheidend war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen des Art 2 Abs 2 der VO Nr 1430/79 eine amtswegige Erstattung vorzunehmen gewesen wäre. Diese Bestimmung entspricht im Kern den späteren Regelungen des Art 236 Abs 2 ZK sowie des Art 116 Abs 4 UZK.
Im vorliegenden Fall erhob das betroffene Unternehmen im Jahr 2008 Klage gegen die Zollverwaltung, welche in mehreren Instanzen abgewiesen wurde. Letztlich hatte der EuGH darüber zu entscheiden, ob die Erstattung von Amts wegen auf drei Jahre nach der buchmäßigen Erfassung der Abgaben beschränkt ist oder ob es genügt, dass die Zollverwaltung innerhalb von drei Jahren nach Entstehen der Zollschuld feststellen kann, dass die Abgaben nicht geschuldet waren.
Mit Urteil vom 1. August 2025 (C-206/24, Caves Andorranes) entschied der EuGH, dass eine Pflicht zur amtswegigen Erstattung besteht, wenn innerhalb der Frist von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung der Zölle festgestellt wird, dass diese unrechtmäßig erhoben wurden. Diese Feststellung impliziert, dass die Zollbehörde sowohl die Identität der Abgabenschuldner kennt als auch den jeweils zu erstattenden Betrag bestimmen kann. Die Auszahlung der Erstattung hat nicht zwingend innerhalb der Frist zu erfolgen. Verfügt die nationale Zollbehörde nicht über alle Informationen, die erforderlich sind, um eine solche Erstattung an die Person vorzunehmen, die die rechtsgrundlos erhobenen Zölle entrichtet hat und konnte sie nicht über diese Informationen verfügen, so hat sie die Maßnahmen zu ergreifen, die (ohne unverhältnismäßig zu sein) erforderlich und geeignet sind, um an diese Informationen zu gelangen und die Erstattung vorzunehmen.
Anmerkung: Der EuGH hatte im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen, wie ein Wirtschaftsbeteiligter einen entsprechenden Anspruch geltend machen kann. In der Praxis wird sich dabei insbesondere die Frage stellen, ob ein solcher Anspruch noch durchsetzbar ist oder bereits Verjährung eingetreten ist.
Einreihung von Verbundstoffen in den Zolltarif – BFG 5. August 2025, RV/7200057/2024
Beim vorliegenden BFG-Erkenntnis vom 5. August 2025 handelt es sich um die Nachfolgeentscheidung zum VwGH-Erkenntnis vom 21. November 2024, Ra 2022/16/0028 zur zolltariflichen Einreihung von Verbundstoffen. Der VwGH hat darin ua festgehalten, dass es sich bei der Frage, welcher Stoff oder Bestandteil einer Ware ihren – für die zolltarifliche Einreihung relevanten – „wesentlichen Charakter“ verleiht, um eine Rechtsfrage handelt, deren Beantwortung nur auf Grundlage entsprechender Feststellungen erfolgen kann, wie zB betreffend die physikalischen Eigenschaften der jeweiligen Bestandteile, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Ware, allenfalls im Hinblick auf die Frage, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen, funktionsbedingten Eigenschaften behalten würde.
Im Lichte dieser Ausführungen hat das BFG im nachfolgenden Erkenntnis vom 5. August 2025 (RV/7200057/2024) die folgenden Produkte wie folgt eingereiht:
- Chipsdosen: Bei den vom BFG zu beurteilenden Produkten handelt es sich jeweils um einen mehrlagig aufgebauten Schichtstoff in Form von Rollen, bestehend aus Papier, Kunststoffpolymeren und Aluminiumfolie. Das Papier wird auf einer Seite mit Kunststoffpolymeren überzogen sowie mit einer Alufolie kaschiert. Die Ware dient zur Herstellung von Chipsdosen. Das BFG gelangte zum Ergebnis, dass es sich beim Papier (und nicht der Aluminiumfolie) um den charakterbestimmenden Bestandteil des Verbundstoffs handelt und daher die Ware unter Position 4811 einzureihen ist.
- Außenanlagen für Dämmstoffplatten: Bei diesem Material kam das BFG zum Ergebnis, dass die darin enthaltene Aluminiumfolie das charakterbestimmende Merkmal ist, da sie für die Isolierwirkung des Endprodukts wesentlich ist (zB zur Vermeidung des Eindringens von Feuchtigkeit). Eine Einreihung unter Position 7607 ist daher vorzunehmen, obwohl der Aluminiumanteil (ca 10 %) im Verhältnis zum Kartonanteil (80 %) mengenmäßig deutlich geringer war.
Einbeziehung von an fremde Dritte gezahlten Lizenzgebühren in den Zollwert – FG Hamburg 21. Mai 2025, 4 K 137/21
Die Klägerin schloss im Jahr 2013 mit der Lizenzgeberin einen Lizenzvertrag, der ihr gegen Zahlung von Lizenzgebühren die weltweite, grundsätzlich exklusive Nutzung bestimmter Markenrechte für lizenzpflichtige Waren einräumte. Die Lizenzgebühren wurden prozentual am Nettoverkaufspreis bemessen und unterlagen einer Mindestlizenzgebühr. Der Vertrag verpflichtete die Klägerin zudem, bei der Herstellung über Subunternehmen bestimmte Qualitäts- und Sozialstandards einzuhalten sowie sicherzustellen, dass diese die Waren ausschließlich an sie liefern. Im Rahmen einer Prüfung ging die deutsche Zollverwaltung davon aus, dass diese Lizenzgebühren – entgegen der Sichtweise der Klägerin – in den Zollwert einzubeziehen sind.
Das FG Hamburg entschied mit Urteil vom 21. Mai 2025 (4 K 137/21), dass die von der Klägerin an ihre Lizenzgeberin zu entrichtenden Lizenzgebühren dem Zollwert der eingeführten Waren hinzuzurechnen sind. Nach Art 71 Abs 1 lit c UZK sind Lizenzgebühren dann eine „Voraussetzung für den Verkauf“, wenn der Käufer die Waren nicht erwerben kann, ohne die Gebühr zu entrichten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der deutsche Begriff „Bedingungen des Kaufgeschäfts“ unionsrechtlich als „Voraussetzung für den Verkauf“ auszulegen. Lizenzverträge mit einem vom Verkäufer unabhängigen Dritten können ebenfalls eine solche Voraussetzung darstellen, sofern sie rechtlich zwingend mit der Einfuhr der Waren verknüpft sind. Dies entspricht sowohl den WCO-Kommentaren als auch den Leitlinien der Kommission.
Im Streitfall ergab sich aus den Lizenz- und Nebenverträgen, dass die Klägerin die eingeführten Waren nur unter der Bedingung erwerben konnte, Lizenzgebühren zu zahlen. Der Lizenzvertrag stellte sicher, dass Subunternehmen ausschließlich an die Klägerin lieferten, Qualitäts- und Herstellungsanforderungen eingehalten wurden und Lieferverträge bei Zahlungsverzug gekündigt werden konnten. Damit bestand eine klare rechtliche Verknüpfung zwischen den eingeführten Waren und der Pflicht zur Zahlung der Lizenzgebühren. Diese Zahlungen waren Voraussetzung für den Verkauf und daher dem Zollwert hinzuzurechnen.
Umstieg auf neues EU-Portal für bestimmte zollrechtliche Anwendungen und CBAM
Für bestimmte Anwendungen der EU kann ab dem Jahr 2026 die Authentifizierung und Autorisierung nicht mehr über das nationale Unternehmensserviceportal (USP) durchgeführt werden, sondern wird auf eine Zentralanwendung der EU umgestellt (Uniform User Management & Digital Signatures – UUM&DS). Betroffen sind insbesondere folgende Anwendungen:
- EU Customs Trader Portal (insbesondere Anwendungen Authorised Economic Operator, Binding Tariff Information und Registered Exporter)
- Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)
Voraussetzung für den Umstieg bzw den Zugang über UUM&DS ist neben der Einrichtung eines EU-Login-Konto eine Antragstellung über das vom BMF bereitgestellte Formular „Zugangsbeantragung für Zentralanwendungen der Europäischen Union via UUM&DS“.
Ab dem Jahr 2026 ist der Zugang zu den vorstehenden Anwendungen nur mehr über die Zentralanwendung mit EU-Login-Konto möglich. Soweit Wirtschaftsbeteiligte eine der vorstehenden Anwendungen verwenden, ist auf eine rechtzeitige Antragstellung zu achten (laut Informationen des BMF bis spätestens 30.November 2025).
Ergänzend ist anzumerken, dass für das nationale Portal Zoll der Einstieg über das Unternehmensserviceportal (USP) unverändert bleibt.
Verbrauchsteuern
Steuerschuld bei unzulässiger Vermischung von Mineralöl gemäß MinStG – BFG vom 25. Juni 2025, RV/5200025/2020
Im gegenständlichen Fall wurde im Rahmen einer amtlichen Aufsichtsmaßnahme festgestellt, dass es in einem Tank zu einer unzulässigen Vermischung von Mineralölen (Gasöl mit steuerbegünstigtem gekennzeichnetem Gasöl) gekommen ist. Fraglich war, ob im gegenständlichen Fall nur eine Nachversteuerung zwischen der bisher für die einzelnen Bestandteile entrichteten Mineralölsteuer einerseits und der für das Gemisch insgesamt zur Anwendung kommenden Mineralölsteuer andererseits zu erfolgen hat oder die Vermischung als eine Bearbeitung bzw Herstellung von Mineralölen zu qualifizieren ist und daher – entsprechend der Sichtweise des Zollamts – für dieses Mineralöl der volle Steuersatz ohne Anrechnung der bereits entrichteten Steuer zur Anwendung gelangt.
In seinem Erkentnis vom 25. Juni 2025, RV/5200025/2020 folgt das BFG der Sichtweise des Zollamts und führt ua aus, dass durch die Vermischung ein neues Mineralöl entstanden ist, für das die Steuerschuld neuerlich entsteht (und daher insbesondere keine verbotswidrige Verwendung vorliegt, für welche gesetzlich eine bloße Nachversteuerung vorgesehen ist). Das BFG verweist in seiner Entscheidung auf das Erkenntnis des VwGH vom 24. Oktober 2024 (Ra 2022/16/0038), in welchem der VwGH festhält, dass die Vermischung als Herstellungsvorgang zu qualifizieren ist und die Mineralölsteuer daher in voller Höhe festzusetzen ist.
Bezüglich des Steuerschuldners führt das BFG aus, dass sachverhaltsmäßig nicht festgestellt werden kann, zu welchem Zeitpunkt bzw durch wen die Vermischung erfolgt ist. Daher kommt als Steuerschuldner nur der Beschwerdeführer als jene Person in Betracht, in deren Gewahrsame sich das ohne Bewilligung hergestellte Mineralöl zum Zeitpunkt der amtlichen Aufsichtsmaßnahme befand.
Umsatzsteuer
Objektive Voraussetzungen für Steuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen – EuGH 1. August 2025, C-602/24, sp. z o.o.
Laut Sachverhalt deklarierte ein polnisches Unternehmen Lieferungen in andere EU-Mitgliedstaaten als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen, da die Waren nach den vorgelegten Transportdokumenten nach Litauen verbracht werden sollten. Tatsächlich führten die Erwerber die Waren jedoch (ohne Wissen des Lieferanten) direkt von Polen nach Weißrussland aus. Die polnischen Steuerbehörden stuften den Vorgang daraufhin als der polnischen Umsatzsteuer unterliegende Inlandslieferung ein.
Der EuGH stellt im vorliegenden Urteil vom 1. August 2025 (C-602/24, W. sp. z o.o.) klar, dass die Steuerbefreiung an objektive Kriterien gebunden ist: Maßgeblich ist, dass das Verfügungsrecht über die Waren übertragen wurde, die Waren tatsächlich aus dem Gebiet der Union ausgeführt wurden und dieser Vorgang nachweisbar ist. Subjektive Faktoren, wie die ursprüngliche Absicht der Parteien oder das Mitwirken des Lieferers, sind demgegenüber ohne Bedeutung.
Da die Gegenstände vom Erwerber ins Drittland ausgeführt wurden und kein Verbrauch im Unionsgebiet stattgefunden hat, sind die materiellen Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferung erfüllt. Formale Mängel, wie das Fehlen bestimmter Dokumente beim Lieferer, schließen die Steuerbefreiung nicht aus, sofern die Ausfuhr anderweitig nachgewiesen ist (hier aufgrund entsprechender Ermittlungen der polnischen Behörden anhand von Zolldokumenten) und keine Anhaltspunkte für Steuerhinterziehung vorliegen.
EuGH zur Umsatzsteuerbefreiung bei Kleinsendungen an Empfänger in anderen EU-Mitgliedstaaten – EuGH 8. Mai 2025, C-405/24, L
Streitgegenständlich war, ob die Einfuhr von Kleinsendungen aus einem Drittland nach Polen von der Umsatzsteuer befreit ist, wenn der Empfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist (bzw die Waren im Anschluss an die Einfuhr aus Polen in einen anderen EU-Mitgliedstaat weiter transportiert werden). Die polnischen Behörden und Gerichte verneinten dies mit der Begründung, die Befreiung gelte ausschließlich für Empfänger mit Sitz in Polen.
Der EuGH entschied mit Urteil vom 8. Mai 2025 (C-405/24, L), dass Art 143 Abs 1 lit b MwStSystRL und Art 1 RL 2006/79 der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die – wie in Polen – die Einfuhr von Kleinsendungen nicht kommerzieller Art, die von einer Privatperson an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Privatperson versandt werden, von der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Mehrwertsteuerbefreiung ausschließt.
Aktuelle Entwicklungen CBAM
Omnibus-Paket der EU-Kommission zur Reduzierung der CBAM-Verpflichtungen
Am 29. September 2025 wurde das sogenannte Omnibus-Paket im Rat final beschlossen mit folgenden wesentlichen Inhalten:
- Einfuhren von CBAM-Waren unter 50 Tonnen:
- Die Einfuhren von CBAM-Waren, die unter dem Schwellenwert von 50 Tonnen Eigenmasse aggregiert pro Kalenderjahr pro Einführer liegen, sind von CBAM-Verpflichtungen ausgenommen.
- Dieser Schwellenwert gilt für alle Waren der Sektoren Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel und Zement, nicht jedoch für Elektrizität und Wasserstoff
- Sofern diese Schwelle nicht überschritten wird, ist auch eine Beantragung als CBAM-Anmelder (siehe unten) nicht erforderlich.
- Sofern diese Schwelle unterjährig überschritten wird, unterliegen alle in dem betreffenden Kalenderjahr eingeführten CBAM-Waren den CBAM-Berichtspflichten und muss der Einführer den Status als CBAM-Anmelder beantragen.
- Vereinfachung bei der Berechnung:
- CBAM-Anmeldern wird die Möglichkeit eingeräumt, anstelle der tatsächlichen Emissionswerte auf von der Kommission veröffentlichte Standardwerte zurückzugreifen. Bei Verwendung dieser Standardwerte entfällt die Verpflichtung zur Prüfung und Verifizierung der Emissionsdaten durch einen „akkreditierten Prüfer“.
- Berichtspflichten / Abgabe CBAM-Zertifikate:
- CBAM-Anmelder müssen bis 30. September des Folgejahres eine CBAM-Erklärung einreichen (dh bis 30. September 2027 für das Jahr 2026) und gleichzeitig eine entsprechende Zahl an CBAM-Zertifikaten abgeben.
- CBAM-Zertifikate können erst ab 1. Februar 2027 gekauft werden und erfolgt der Verkauf über eine zentrale Plattform (gilt auch betreffend dem Jahr 2026).
- Für Einfuhren ab 1. Januar 2027 muss der zugelassene CBAM-Anmelder (Einführer) sicherstellen, dass die Anzahl der CBAM-Zertifikate auf seinem Konto am Ende eines jeden Quartals mindestens 50 % der Emissionen aller seit Jahresbeginn eingeführten Waren entspricht.
- Der Preis der CBAM-Zertifikate wird von der Europäischen Kommission festgesetzt und hat sich am Auktionspreis der EU-ETS-Zertifikate zu orientieren. Bei der Anzahl der abzugebenden Zertifikate ist allerdings zu berücksichtigen, dass EU-ETS-Zertifikate für bestimmte Anlagen in der EU kostenlos zugeteilt werden (Gratiszertifikate) und ist somit auch die Anzahl der abzugebenden CBAM-Zertifikate entsprechend zu reduzieren.
- CBAM-Anmelder:
- Ab dem 1. Januar 2026 ist bei Überschreiten des oben angeführten Schwellenwerts von 50 Tonnen die Einfuhr von unter CBAM fallenden Waren in das Zollgebiet der EU ausschließlich durch zugelassene CBAM-Anmelder zulässig. Die Antragstellung auf Zulassung ist seit April 2025 im elektronischen CBAM-Portal möglich (für Details siehe Leitfaden auf der Homepage des BMF) und sollte so schnell wie möglich erfolgen. Mit dem Omnibus-Paket wurde nun eine Toleranzregelung geschaffen, wonach ein Einführer, der bis zum 31. März 2026 einen Antrag auf Zulassung gestellt hat, vorläufig (dh bis zur Erteilung der Zulassung) Waren einführen darf auch nach Überschreitung des Schwellenwerts.
Autor:innen
- Peter PichlerSteuerberater | Partner | GesellschafterDetails zur Person
