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ECOFIN: Einigung über Richtlinie für Quellensteuerentlastung (FASTER)

News – 04.06.2024

Foto-Faster-Richtlinie

Der ECOFIN hat sich am 14. Mai 2024 über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über schnellere und sichere Verfahren für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern vom 19. Juni 2023 (COM(2023) 324 final) geeinigt.

Aufgrund des Ausmaßes der vorgenommenen Änderungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag wird das Europäische Parlament erneut anzuhören sein.

Hintergrund

Ziel der Richtlinie ist die Schaffung effizienterer und sicherer Verfahren zur Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf grenzüberschreitende Dividenden- und Zinszahlungen. Daneben sollen die neuen Quellensteuerentlastungverfahren das Risiko von Steuermissbrauch (zB Cum-Cum- oder Cum-Ex-Geschäfte) verringern. Das angestrebte Ziel soll durch die Regelung der folgenden drei Kernbereiche erreicht werden: (i) digitale Ansässigkeitsbescheinigung, (ii) Quellensteuerentlastungsverfahren und (iii) standardisierte Meldeverpflichtungen für zertifizierte Finanzintermediäre.

Digitale Ansässigkeitsbescheinigung (eTRC)

Artikel 4 der Richtlinie sieht ein automatisiertes Verfahren zur Ausstellung von digitalen Bescheinigungen über die steuerliche Ansässigkeit für natürliche oder juristische Personen (eTRC – digital tax residence certificate) vor. Entgegen dem Kommissionsvorschlag ist die Ansässigkeitsbescheinigung nicht mehr binnen eines Arbeitstages, sondern innerhalb von 14 Kalendertagen von den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten auszustellen. Die Ansässigkeitsbescheinigung wird von allen Mitgliedstaaten als Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit anerkannt und ist nicht länger als das Kalender- oder Steuerjahr gültig, für das die Bescheinigung ausgestellt wurde. Bei Vorliegen von Nachweisen, dass die steuerliche Ansässigkeit nicht während des gesamten abgedeckten Zeitraums vorliegt, kann der ausstellende Mitgliedstaat die Ansässigkeitsbescheinigung für ungültig erklären.

Quellensteuerentlastungsverfahren

Zertifizierte Finanzintermediäre sind verpflichtet im Namen der eingetragenen Eigentümer eine Entlastung der Quellensteuer zu beantragen, sofern diese auf Dividenden aus öffentlich gehandelten Aktien erhoben wird; optional kann die Richtlinie auch auf Zinsen auf öffentlich gehandelte Anleihen angewendet werden (Art 2 Abs 2 und 6). Auf Forderung einiger Mitgliedstaaten wurde die Umsetzungsverpflichtung eingeschränkt: Keine Umsetzungsverpflichtung besteht daher für Mitgliedstaaten, die bereits über ein umfassendes System der Steuererleichterung iSd Art 3 Z 22a verfügen und deren Marktkapitalisierungsquote iSd Art 3 Z 22c unter 1,5 % beträgt. Nach inoffiziellen Zahlen der ESMA aus dem Jahr 2022 würden voraussichtlich nur 10 Mitgliedstaaten – Deutschland, Frankreich, Schweden, Niederlande, Spanien, Italien, Irland, Dänemark, Belgien und Finnland – eine Marktkapitalisierungsquote von 1,5 % und darüber erreichen (vgl Konsultationspapier vom 8. Mai 2024, 9787/24).

Die Richtlinie sieht zur Entlastung der Quellensteuer zwei Verfahren vor: das Verfahren zur Steuererleichterung an der Quelle (Art 12) und das Schnellerstattungsverfahren (Art 13). Den Mitgliedstaaten steht es frei, welches der beiden Verfahren sie umsetzen oder ob sie eine Kombination der Verfahren umsetzen.

Das Verfahren zur Steuererleichterung an der Quelle wird unter Bekanntgabe des gemäß DBA oder des nationalen Rechts anwendbaren Quellensteuersatzes bereits im Zeitpunkt der Dividendenauszahlung (bzw der Zinszahlung) angewendet. Im Rahmen des Schnellerstattungsverfahrens hat der zertifizierte Finanzintermediär innerhalb des zweiten Monats nach dem Monat des Zahlungstages der Dividenden (oder Zinsen) einen Erstattungsantrag an die zuständige Steuerbehörde zu stellen. Die Steuerbehörden sind verpflichtet, einen derartigen Erstattungsantrag innerhalb von 60 Kalendertagen nach Ablauf der Antragsfrist zu bearbeiten. Nach dem 60. Kalendertag fallen Verzugszinsen an. Auch hier sieht der ECOFIN eine Verlängerung der Fristen vor: Im Kommissionsvorschlag war noch eine Bearbeitungsfrist von 50 Tagen vorgesehen.

Ein Ausschluss vom Antrag auf Quellensteuerentlastung ist gemäß Art 10 Abs 2 ua vorgesehen, wenn eine Finanzvereinbarung (zB Rückkaufvereinbarungen, Stock Lending) vorliegt, ein nicht zertifizierter Finanzintermediär entlang der Wertpapier-Zahlungskette involviert ist und kein zertifizierter Finanzintermediär dessen Position übernommen hat, wenn eine vollständige Quellensteuerentlastung beantragt wird, wenn sich der ermäßigte Quellensteuersatz nicht aus dem einschlägigen DBA ergibt oder wenn die Dividendenzahlung pro eingetragenem Eigentümer und Zahltag mehr als EUR 100.000,00 beträgt. Dies gilt nicht für Investitionen in einen Organismus für gemeinsame Anlagen (für diesen sind im Allgemeinen besondere Bestimmungen in Art 13a vorgesehen) und gesetzliche Rentensysteme bzw die betriebliche Altersversorgung.

Meldepflichten für zertifizierte Finanzintermediäre

Darüber hinaus sieht die Richtlinie standardisierte Meldeverpflichtungen für zertifizierte Finanzintermediäre vor. Die in der Richtlinie vorgegebenen Verfahren zur Quellensteuerentlastung können auch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Entlastungsantrag über einen zertifizierten Finanzintermediär erfolgt. Die Mitgliedstaaten haben nationale Register einzuführen, in die die zertifizierten Finanzintermediäre aufgenommen werden. Die nationalen Register sollen über eine zentrale Webseite der Europäischen Kommission, dem Europäischen Portal zertifizierter Finanzintermediäre, öffentlich zugänglich gemacht werden. Als zertifizierte Finanzintermediäre haben sich gemäß Art 6 jedenfalls große Institute iSd VO (EU) 575/2013 und Zentralverwahrer iSd VO (EU) 909/2014 im nationalen Register einzutragen. Alle anderen, die die Voraussetzungen des Art 7 Abs 1 erfüllen – keine steuerliche Ansässigkeit in einem nicht kooperativen Staat, Zulassung zur Ausübung von Verwahrungstätigkeiten und Einhaltung der Geldwäscherichtlinie 2015/849/EU oder vergleichbarer Rechtsvorschriften von Drittstaaten – können sich optional als zertifizierte Finanzintermediäre registrieren lassen. Die Begehung gewisser Straftaten oder Verstöße, die zum Verlust an Quellensteuer geführt haben oder die Einleitung einer Untersuchung über potenziellen Betrug oder Steuermissbrauch führen zum Ausschluss von der Registrierung als zertifizierter Finanzintermediär.

In den nationalen Registern eingetragene zertifizierte Finanzintermediäre unterliegen standardisierten Meldepflichten über Informationen iSd Art 9 iVm Anhang II Abschnitt A bis E. Die zu meldenden Informationen umfassen ua Informationen zum zertifizierten Finanzintermediär, zum Zahlungsempfänger sowie zur zahlenden Stelle, Informationen über die Zahlung und Informationen über die Anwendung von Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung (insbesondere zur Haltedauer und zum Vorliegen von Finanzvereinbarungen). Der zertifizierte Finanzintermediär hat die Informationen innerhalb des zweiten Monats nach dem Monat des Zahlungstages an die zuständige nationale Steuerbehörde zu übermitteln. Ist entlang der Wertpapier-Zahlungskette ein nicht zertifizierter Finanzintermediär involviert, besteht für involvierte zertifizierte Finanzintermediäre die Möglichkeit der Übernahme dessen Position (indirekte Meldung), anderenfalls kommt es zum Ausschluss von der Entlastung iSd Art 10 ff.

Daneben unterliegen die zertifizierten Finanzintermediäre gemäß Art 11 zahlreichen Sorgfaltspflichten. Zertifizierte Finanzintermediäre haften gemäß Art 16 bereits bei leichter Fahrlässigkeit, sofern sie ihren Pflichten ganz oder teilweise nicht nachgekommen sind und dadurch einen, wenn auch nur teilweisen, Verlust an Quellensteuer verursachen. So haben zertifizierte Finanzintermediäre vom eingetragenen Eigentümer der öffentlich gehandelten Aktien bzw Anleihen eine Erklärung einzuholen, dass dieser auch tatsächlich Anspruch auf die Quellensteuerentlastung hat. Darüber hinaus sind die Rechtsgrundlage sowie der anzuwendende Quellensteuersatz anzugeben sowie das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums des eingetragenen Eigentümers und das Nichtvorliegen einer Finanzvereinbarung.

Zeitplan

Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie bis 31. Dezember 2028 in nationales Recht umzusetzen; anzuwenden sind die Bestimmungen allerdings erst ab 1. Jänner 2030.

 

Redaktion:
Dr. Eline Huisman, LL.M., in Kooperation mit LeitnerLaw Rechtsanwälte: Dr. Moldaschl Katharina, LL.M.

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