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AbgÄG 2023: Änderungen zur Besteuerung von Kapitalvermögen

News – 25.04.2023

Am 21. April 2023 hat das BMF das Abgabenänderungsgesetz 2023 zur Begutachtung versendet. Die Begutachtungsfrist ist knapp bemessen und endet bereits am 12. Mai 2023. Der Ministerialentwurf sieht eine Reihe von Änderungen vor, die für die Besteuerung von Kapitaleinkünften relevant sind.

Bestimmungen im Kontext der Cum-Ex-Trades

Am 28. Juni 2022 hat der VwGH zur Frage der ertragsteuerlichen Zurechnung der Dividenden bei kurzfristigen Transaktionen mit Aktien ausgeführt, dass das Zurechnungssubjekt der Dividende derjenige sei, der im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien ist (VwGH 28.6.2022, Ro 2022/13/0002). Kurze Zeit später hat das BMF für Zwecke der Verwaltungspraxis festgehalten, dass die Aktien vor dem Tag der Hauptversammlung am Depot eingeliefert werden müssen. Nur dann ist die Dividende dem Depotinhaber zuzurechnen und kann zB in den Verlustausgleich einbezogen werden. Anderenfalls soll die Dividende beim Verkäufer der Aktien steuerlich erfasst werden (siehe dazu unseren Newsletter vom 2. November 2022). Dass diese Verwaltungspraxis aus der Sicht eines Kreditinstituts wenig praktikabel ist, ist offensichtlich.

Um die praktischen Probleme zu lösen, sieht der neue § 32 Abs 4 EStG folgendes Konzept vor: Für Zwecke der Besteuerung bei (zentralverwahrten) Aktien (zB Verlustausgleich) soll die wirtschaftliche Zurechnung der Dividende vom Depotstand am record date abhängen. Record date ist jener Tag, an dem der Zentralverwahrer die Anspruchsberechtigung hinsichtlich der Dividende feststellt. Aus Börsensicht handelt es sich um den ersten Handelstag nach dem Tag, an dem die Aktie erstmals ohne Auszahlungsanspruch gehandelt wird (ex-Tag + 1). Nach dem Ministerialentwurf ist damit erforderlich, dass die Aktien am Ende des record date am Depot des Anlegers verbucht sind. Dabei ist für die Begründung des wirtschaftlichen Eigentums der Valutatag entscheidend. Weist der Depotstand am Ende des record date die Aktien auf, steht die Dividende steuerlich dem Depotinhaber zu.

Darüber hinaus ist einerseits erforderlich, dass der Depotinhaber die Aktien mindestens 45 Tage hält, wobei die maßgebende Betrachtungsperiode 45 Tage vor und 45 Tage nach dem record date ist. Andererseits dürfen die Kurssicherungsgeschäfte nicht dazu führen, dass das wirtschaftliche Risiko des Kursverlustes der Aktien zu mehr als 30 % ausgeschlossen ist. Sowohl die – dem deutschen Steuerrecht entlehnte – Mindestbehaltedauer als auch das Vorliegen eines angemessenen wirtschaftlichen Risikos sollen einem Missbrauch entgegenwirken. Das Vorliegen eines Missbrauchs soll jedoch dann ausgeschlossen sein, wenn der Betrag der Dividenden die Bagatellgrenze von EUR 20.000,00 p.a. nicht übersteigt. Wird die Mindestbehaltedauer unterschritten, sieht das Gesetz dennoch die Möglichkeit der Rückerstattung bzw Anrechnung der Kapitalertragsteuer vor. Voraussetzung ist das Fehlen eines Steuervorteils, der voraussichtlich iRd Veranlagung nachzuweisen sein wird.

Gesetzliche Reparaturen bei Besteuerung von Kryptowährungen

Seit 1. März 2022 unterliegen Einkünfte aus Kryptowährungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich dem Sondersteuersatz von 27,5 %. Die bis dato aufgebrachten gesetzlichen Schwachstellen sollen teilweise iRd AbgÄG 2023 beseitigt werden:

  • Einkünfte aus Staking, Airdrops, Bounties und Hardfork werden erst bei Veräußerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst. Diese Regelung soll auf den betrieblichen Bereich ausgeweitet werden (siehe dazu bereits EStR-Wartungserlass 2023 Rz 6178r).
  • Klarstellend wird festgehalten, dass das Verleihen einer Kryptowährung gegen Entgelt zu keinem steuerpflichtigen Tausch führen soll. Vielmehr ist die Kryptowährung und die Forderung auf deren Rückzahlung iRd Sachdarlehens als einheitliches Wirtschaftsgut zu sehen (siehe dazu bereits EStR-Wartungserlass 2023 Rz 6178k). In Anbetracht der Dynamik des Kryptobereichs könnte jedoch die Klarstellung künftig weitere Auslegungsprobleme verursachen.
  • Wie auch bei sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen soll die Anwendung des gleitenden Durchschnittspreisverfahrens gesetzlich abgesichert werden (siehe dazu § 2 Kryptowährungs-Verordnung).

Digitale Befreiungserklärung

Für die Befreiungen von der Kapitalertragsteuer, die vom inländischen Kreditinstitut umzusetzen sind, soll ab 1. Jänner 2024 das Rechtsinstrument der digitalen Befreiungserklärung zur Anwendung kommen. Betroffen sind die Befreiungserklärung nach § 94 Z 5 EStG (Betriebsvermögen einer juristischen Person) sowie jene nach § 94 Z 12 EStG (eigennützige Privatstiftungen). Die Regelung soll bereits für 2023 abgegebene digitale Befreiungserklärungen gelten, sofern sie die Voraussetzungen des neuen § 94 Z 15 EStG erfüllen. Dieses sieht die Anforderungen an die digitale Befreiungserklärung und zugleich eine Ermächtigung an das BMF vor, nähere Details in der Verordnung festzulegen.

Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen

Privatstiftungen haben die Möglichkeit, aufgedeckte stille Reserven aus der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen auf eine Ersatzbeteiligung von mehr als 10 % zu übertragen. Die übertragenen stillen Reserven kürzen die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung. Dies führt zu einem Steuerstundungseffekt, weil die übertragenen stillen Reserven erst mit der Veräußerung der Ersatzbeteiligung zwischensteuerpflichtig werden.

Die Verwaltungspraxis (StiftR 2009 Rz 117 ff) ist bislang von einem weiten Begriffsverständnis für die Anforderungen der Anschaffung einer Ersatzbeteiligung ausgegangen. Demnach wurde bislang zB auch eine Übertragung stiller Reserven als zulässig erachtet, wenn an einer bereits bestehenden 10 %igen Beteiligungsgesellschaft der Privatstiftung eine Kapitalerhöhung um mehr als 10 % bezogen auf das Grund- oder Stammkapital vor Kapitalerhöhung erfolgte. Nach dieser Verwaltungspraxis war auch eine Übertragung von aufgedeckten stillen Reserven möglich, wenn die Privatstiftung an einer Tochtergesellschaft bereits zu 100 % vor der Kapitalerhöhung beteiligt war.

Der VwGH hat jedoch unlängst in der Entscheidung vom 17. November 2022, Ra 2021/15/0053, diesem weiten Begriffsverständnis für eine Ersatzbeteiligung eine Absage erteilt und festgehalten, dass eine Ersatzbeteiligung einen Erwerb eines zusätzlichen („neuen“) 10 %igen Anteils an einer bestehenden Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung voraussetzt (siehe dazu unseren Newsletter von 12. Jänner 2023).

Da diese Entscheidung auch gravierende Auswirkungen auf „Altfälle“ hat, plant der Gesetzgeber im AbgÄG 2023 (Entwurf) als Reaktion darauf nunmehr folgende Übergangsregelung:

Für vor dem 1. Jänner 2023 aus der Veräußerung von Beteiligungen realisierte stille Reserven, die auf eine Ersatzbeteiligung übertragen wurden („Altfälle“), hat eine Kürzung der Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung, um die übertragenen stillen Reserven zu erfolgen. Dies soll auch dann gelten, wenn es sich bei der Ersatzbeteiligung um einen zusätzlichen Anteil von nicht mehr als 10 % handelt, der im Zuge einer ordentlichen Kapitalerhöhung (zur Definition siehe sogleich unten) erworben wurde. Mit dieser Regelung soll die Steuerhängigkeit von übertragenen stillen Reserven entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis, die in der Rechtsprechung des VwGH nicht gedeckt ist, sichergestellt werden.

Eine Kapitalerhöhung iS der vorgehenden Regelung soll vorliegen, wenn diese vor dem 1. Mai 2023 beschlossen wurde und eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt:

  • der Anteil der Privatstiftung erreicht ein Ausmaß von mehr als 10 %; oder
  • das Grund- oder Stammkapital wird um insgesamt mehr als 10 % erhöht und der Anteil der Privatstiftung wird dadurch nicht entwässert.

Dabei soll entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis innerhalb des oa definierten zeitlichen Geltungsbereichs auch eine Übertragung auf im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung geleistete Einlagen (Gesellschafterzuschüsse anlässlich der Kapitalerhöhung) möglich sein.

Neben ordentlichen Kapitalerhöhungen sollen auch Erhöhungen des Surrogatkapitals (Partizipationskapital oder Substanzgenussrechte) für eine Übertragung von stillen Reserven im Sinne dieser Regelung zur Verfügung stehen.

Diese Übergangsvorschrift soll ab dem Kalenderjahr 2001 und somit rückwirkend ab der Einführung der Zwischensteuer gelten, um alle „Altfälle“ entsprechend abzudecken.

Autor:innen

  • Sabine Kirchmayr-Schliesselberger
    Steuerberaterin | Prof. an der Universität Wien | Of Counsel
  • Tatjana Polivanova-Rosenauer
    Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin
  • Yvonne Schuchter-Mang
    Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin
  • Matthias Hofstätter
    Steuerberater | Partner | Gesellschafter

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