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Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen: OECD veröffentlicht Empfehlungen für den Zeitraum der COVID-19 Krise

News – 14.04.2020

Viele nationale Regierungen haben noch nie dagewesene Maßnahmen getroffen, um die Bevölkerung vor den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie zu schützen. Dazu gehören ua die Einschränkung der Reisefreiheit sowie strikte Quarantäne-Vorschriften. Die getroffenen Maß-nahmen werfen auch im Bereich der Besteuerung von grenzüberschreitenden Sachverhalten viele Fragestellungen auf.

In diesem Zusammenhang hat die OECD Empfehlungen für die Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen zu folgenden grenzüberschreitenden Sachverhalten veröffentlicht:

  • Begründung einer Betriebsstätte durch die Home-Office-Tätigkeit von Mitarbeitern
  • Verlagerung der Ansässigkeit eines Unternehmens infolge der Verlagerung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung
  • Besteuerung von Grenzgängern
  • Verlagerung der Ansässigkeit von natürlichen Personen

Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wesentlichen Aussagen der OECD. Die vollständige Publikation der OECD ist hier abrufbar.

Begründung einer Betriebsstätte

Viele Unternehmen haben Bedenken, dass ihre Mitarbeiter aufgrund der COVID-19 Schutzmaßnahmen eine Betriebsstätte des Unternehmens in einem anderen Land begründen. Diese Bedenken resultieren daraus, dass die Mitarbeiter nun gezwungen sein können, in einem anderen Land, zB vom Home-Office aus, für das Unternehmen tätig zu werden.

Diesbezüglich stellt die OECD klar, dass der ausnahmsweise und zeitlich beschränkte Wechsel des Beschäftigungsortes eines Mitarbeiters während der COVID-19-Krise insbesondere im Rahmen der Tätigkeit im Home-Office, zu keiner Betriebsstätte aus abkommensrechtlicher Sicht führen soll. Die OECD begründet dies mit der fehlenden Verfügungsmacht des Unternehmens über die Räumlichkeiten des Mitarbeiters sowie dem nicht ausreichenden Grad an Dauerhaftigkeit der Nutzung der Räumlichkeiten für Zwecke des Unternehmens.

Nach Ansicht der OECD soll auch keine abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte begründet werden, wenn Vertreter bedingt durch COVID-19 Schutzmaßnahmen zeitlich begrenzt von ihrem Home-Office aus, Verträge im Namen ihrer Arbeitgeber abschließen.

Abschließend hält die OECD hinsichtlich der Betriebsstättenthematik fest, dass abkommensrechtliche Baubetriebsstätten nicht als beendet anzusehen sind, wenn die Arbeiten auf der Baustelle aufgrund der COVID-19 Krise temporär unterbrochen sind.

Verlagerung der Ansässigkeit eines Unternehmens

Aufgrund der Einschränkung der Reisefreiheit oder nationaler Quarantänevorschriften kann es der Fall sein, dass Leitungsorgane eines Unternehmens ihre Geschäftsführungstätigkeit von einem anderen Staat aus, als dem bisherigen Ansässigkeitsstaat des Unternehmens, ausüben müssen.

Nach Ansicht der OECD ist es unwahrscheinlich, dass es bei einer COVID-19 bedingten temporären Änderung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens zu einer Verlagerung der Ansässigkeit des Unternehmens in einen anderen Staat kommt.

Besteuerung von Grenzgängern

Zahlreiche nationale Regierungen haben Maßnahmenpakete geschnürt, die die Stützung von Gehaltszahlungen zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung im jeweiligen Land beinhaltet. Davon betroffen sind auch Grenzgänger, die von dem Land, in dem sie ihren Wohnsitz haben, in ein anderes Land zur Arbeitsausübung pendeln.

Gerade bei Grenzgängern stellt sich hier die Frage, wer das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht an den ausbezahlten (gestützten) Arbeitsvergütungen hat, wenn die Grenzgänger bedingt durch die COVID-19 Krise im Land der bisherigen Arbeitsausübung nicht mehr tätig werden können. Nach Ansicht der OECD hat das Besteuerrecht jenes Land, in dem der Mitarbeiter seine Tätigkeit bisher (vor der COVID-19 Krise) ausgeübt hat.

Verlagerung der Ansässigkeit natürlicher Personen

Nach Ansicht der OECD ist es unwahrscheinlich, , dass es bedingt durch die COVID-19 Schutzmaßnahmen zu einer Verlagerung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit von natürlichen Personen kommt. Konkret hat die OECD dabei jene Sachverhalte vor Augen,

  • in denen eine natürliche Personen in einem anderen Land festsitzt und somit temporär aufgrund der Reisebeschränkungennicht in seinen ursprünglichen Ansässigkeitsstaat zurückkehren kann, oder
  • in denen eine natürliche Person abkommensrechtliche Ansässigkeit in jenem Land erhalten hat, in dem er sich zur Ausübung seiner Arbeit aufhält und nun kurzfristig aufgrund der COVID-19-Situation in seinen ursprünglichen Heimatstaat zurückgekehrt ist.

Fazit

Mit den veröffentlichten Empfehlungen führt die OECD aus, dass sich aufgrund der COVID-19 Krise hinsichtlich der angeführten grenzüberschreitenden Sachverhalte aufgrund der außergewöhnlichen Situation in der Regel keine abkommensrechtlichen Änderungen ergeben sollen. Die von der OECD veröffentlichten Empfehlungen sind erfreulich und es ist zu erhoffen, dass sich auch das österreichische BMF diesen Empfehlungen anschließt.

Die veröffentlichten Empfehlungen der OECD ersetzen aber keine einzelfallbezogene Analyse grenzüberschreitender Sachverhalte. Weiters ist zu beachten, dass nicht alle Einkommensteuern von Doppelbesteuerungsabkommen umfasst sind (zB State Income Taxes in den USA).

LeitnerLeitner steht Ihnen gerne für eine einzelfallbezogene Prüfung grenzüberschreitender Sachverhalte zur Verfügung.

Autor:innen

  • Gerald Gahleitner
    Steuerberater | Partner | Gesellschafter
  • Harald Gutmayer
    Steuerberater | Director
  • Norbert Schrottmeyer
    Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Partner | Gesellschafter
  • Yvonne Schuchter-Mang
    Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin

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