Bundesfinanzgericht (BFG): Nichtentlastung von der Zwischensteuer bei Privatstiftungen bei Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte ist unionsrechtswidrig!
News – 01.02.2024
Bei Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte erfolgt eine Entlastung von der Zwischensteuer nur insoweit als für die Zuwendungen österreichische Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt wurde bzw insoweit diese Zuwendungen endgültig mit österreichischer Kapitalertragsteuer belastet sind. Diese nationale Regelung verstößt mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH 17.9.2015, C-589/13) nach Auffassung des BFG gegen die Kapitalverkehrsfreit und ist damit unionsrechtswidrig.
Worum es geht?
Die Zwischensteuer ist eine besondere Form der Körperschaftsteuer für bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus privaten Grundstücksveräußerungen von Privatstiftungen. Sie ist eine Vorwegsteuer auf die Besteuerung von Zuwendungen an Begünstigte im Wege der Kapitalertragsteuer. Daher sind diese beiden Steuerarten untrennbar miteinander verbunden, wenngleich sie unterschiedliche Steuersubjekte – Steuersubjekt der Zwischensteuer ist die Privatstiftung, während Steuersubjekt der Kapitalertragsteuer die Begünstigten sind – betreffen. Dies fußt auf dem Prinzip, dass die Gesamtsteuerbelastung der Privatstiftung und der Begünstigten für die der Zwischensteuer unterliegenden Einkünfte im Fall von Zuwendungen an die Begünstigten der Gesamtsteuerbelastung einer natürlichen Person gleichkommen soll.
Die Entlastung von der Zwischensteuer erfolgt durch eine Reduktion der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer um Zuwendungen an Begünstigte, insoweit davon Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt worden ist. Übersteigen die Zuwendungen die Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer, erfolgt bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Gutschrift von Zwischensteuern aus Vorperioden, insoweit die Zuwendungen der Kapitalertragsteuer endgültig unterliegen.
Der Fall
Eine österreichische Privatstiftung macht Zuwendungen an in Deutschland, Slowakei, Polen, Russland, Serbien, Ukraine, Kroatien, Rumänien und Bosnien und Herzegowina ansässige Begünstigte.
Strittig ist die Frage, ob es rechtmäßig ist, wenn die Beschwerdeführerin (= österreichische Privatstiftung) diese Zuwendungen, die an nicht in Österreich ansässige Begünstigte vorgenommenen werden und die aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen in Österreich vollständig bzw zum Teil von der Besteuerung befreit sind, von der Bemessungsgrundlage für die österreichische Zwischensteuer in Abzug bringt.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts
Der EuGH hat sich bereits in der Entscheidung vom 17.9.2015, C-589/13, F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, zu § 13 Abs 3 und § 24 Abs 5 KStG idF vor AbgÄG 2015 (BGBl I 163/2015) geäußert und sich in dieser Entscheidung mit der Frage der Unionsrechtskonformität der gänzlichen Nichtentlastung von der Zwischensteuer für österreichische Privatstiftungen bei Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte, die aufgrund des jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) von der österreichischen Kapitalertragsteuer (teilweise) entlastet wurden, befasst. Der EuGH ist zum Ergebnis gekommen, dass die Regelungen aufgrund der Ungleichbehandlung von im Inland ansässigen Begünstigten und im Ausland ansässigen Begünstigten gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen und daher (auch im Verhältnis zu Drittstaaten) unionsrechtswidrig sind. Rechtfertigungsgründe für diese nationale Beschränkung hat der EuGH keine zugelassen.
Als Konsequenz aus dieser EuGH-Entscheidung hat der österreichische Gesetzgeber § 13 Abs 3 KStG und § 24 Abs 5 KStG mit dem AbgÄG 2015 angepasst und eine Entlastung von der Zwischensteuer bei der Privatstiftung im Ausmaß von Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte insoweit ermöglicht, als diese Zuwendungen endgültig mit Kapitalertragsteuer belastet sind. Für Zuwendungen an in Deutschland ansässige Begünstigte, die gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Deutschland einer reduzierten Kapitalertragsteuer iHv 15 % unterliegen, bedeutet dies zB, dass eine Entlastung von der Zwischensteuer nur im Ausmaß von 54,54 % der Zuwendungen – die reduzierte österreichische Kapitalertragsteuer iHv 15 % stellt 54,54 % der vollen österreichischen Kapitalertragsteuer iHv 27,5 % dar – möglich ist. Bei Zuwendungen an beispielsweise in der Slowakei oder Polen ansässige Begünstigte, für die gemäß dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen Österreich als Quellenstaat kein Besteuerungsrecht zukommt und die daher von der österreichischen Kapitalertragsteuer voll – entweder direkt an der Quelle durch Anwendung der DBA-Entlastungsverordnung oder im Wege der Rückerstattung – entlastet werden, ist generell keine Entlastung von der Zwischensteuer möglich, weil die Zuwendungen diesfalls nicht endgültig mit Kapitalertragsteuer belastet sind.
Wie das BFG in oa Entscheidung vom 5. Jänner 2024 mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH feststellt, kommt es durch § 13 Abs 3 KStG und § 24 Abs 5 KStG idF nach AbgÄG 2015 weiterhin bei der Entlastung von der Zwischensteuer einer österreichischen Privatstiftung zu einer Ungleichbehandlung von Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte im Vergleich zu Zuwendungen an im Inland ansässige Begünstigte. Diese Regelungen verstoßen daher auch nach der gesetzlichen Anpassung im Rahmen des AbgÄG 2015 gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und sind daher unionsrechtswidrig, so das BFG.
Auswirkungen auf die Praxis
Dem Vernehmen nach wird die Abgabenbehörde Amtsbeschwerde gegen die oa Entscheidung des BFG erheben. Daher bleibt die Entscheidung des VwGH in dieser Rechtsfrage noch abzuwarten.
Weiterführende Links
Autor:innen
-
Yvonne Schuchter-MangSteuerberaterin | Partnerin | GesellschafterinDetails zur Person