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OECD Pillar I – „Amount B“: Vereinfachte Verrechnungspreisbestimmung bei Vertriebseinheiten durch standardisierten Fremdvergleich

News – 13.03.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat nun ihren finalen Bericht zu Pillar I – Amount B betreffend die vereinfachte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatz auf Vergütungen für funktions- und risikoarme Marketing- und Vertriebsgeschäftseinheiten veröffentlicht. Dieser Ansatz wird als Anhang zu Kapitel IV in die OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen aufgenommen werden und bietet Unternehmen Vereinfachungen und Vereinheitlichungen bei der Verrechnungspreisbestimmung für Transaktionen mit konzernzugehörigen Standard-Vertriebseinheiten.

Ausgangslage – „Amount B“ wird zu „simplified and streamlined approach”

Im Kampf der OECD gegen unerwünschte Gewinnverkürzungen und -verlagerungen hat sich abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit für Pillar II und der globalen Mindestbesteuerung (GloBE) auch in der ersten Säule des BEPS 2.0-Projektes ein weiteres Projekt zur internationalen Unternehmensbesteuerung entwickelt: Pillar I – Amount B verfolgt eine vereinfachte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf einfache Marketing- und Vertriebstätigkeiten. Aufbauend auf die Arbeiten der OECD im Juli 2023 wurde nunmehr im Februar 2024 der finale Bericht veröffentlicht, in welchem der neue Ansatz nicht mehr als „Amount B“, sondern als „Vereinfachter und rationalisierter Ansatz“ (simplified and streamlined approach) bezeichnet wird. Die Grundsätze des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes sollen für Wirtschaftsjahre anwendbar sein, die am oder nach dem 1. Jänner 2025 beginnen.

Anwendungsbereich des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes

Im Gegensatz zu den sonstigen Initiativen der OECD zur sog Zwei-Säulen-Lösung ist der vereinfachte und rationalisierte Ansatz nicht nur auf die größten multinationalen Unternehmensgruppen beschränkt, sondern hat einen breiteren Anwendungsbereich. Im Zentrum des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes stehen B2B-Vertriebsaktivitäten, bei welchen die Vertriebsgesellschaft Waren von einem oder mehreren verbundenen Unternehmen erwirbt und an unverbundene Dritte veräußert. Gleiches gilt für Handelsvertreter- und Kommissionärsstrukturen, bei denen der Handelsvertreter oder Kommissionär für eines oder mehrere verbundene Unternehmen zum Großhandelsvertrieb von Waren an nicht verbundene Dritte beiträgt.

Um den vereinfachten und rationalisierten Ansatz anwenden zu können, müssen nachfolgend angeführte Kriterien kumulativ erfüllt sein:

  • Der zugrunde liegende Geschäftsvorfall muss bestimmte wirtschaftlich bedeutsame Merkmale aufweisen, welche die Anwendung einer einseitigen Verrechnungspreismethode (umsatzbasierte Nettomargenmethode) auf Ebene des betroffenen Distributors, Kommissionärs oder Handelsvertreters als zu untersuchende Geschäftseinheit dem Grunde nach ermöglicht. Hierzu ist – wie bisher – insbesondere die Erstellung einer Funktions- und Risikomatrix in Bezug auf die geschäftsvorfallbezogen ausgeübten Funktionen, eingesetzten Risiken und getragenen Risiken der Transaktionspartner erforderlich.
  • Die Kostenstruktur der zu prüfenden Geschäftseinheit muss innerhalb bestimmter Schwellenwerte liegen: Demnach müssen die jährlichen operativen Kosten bezogen auf die jährlichen Nettoumsatzerlöse ein Verhältnis zwischen 3% und 20% (in Ausnahmefällen: 30%) aufweisen.
  • Von der Vertriebseinheit dürfen über die Vertriebsfunktion hinaus keine weiteren wirtschaftlich bedeutsamen Tätigkeiten (zB Forschung & Entwicklung, Einkauf, Produktion, Finanzierung, etc) ausgeübt werden, sofern diese nicht klar abgrenz- und beurteilbar sind oder lediglich von untergeordnetem Ausmaß sind.
  • Von der Vertriebseinheit dürfen nur Großhandelsumsätze erzielt werden. Sofern darüber hinaus auch Einzelhandelsaktivitäten ausgeübt werden, kann der vereinfachte und rationalisierte Ansatz nicht zur Anwendung kommen, es sei denn, die Einzelhandelsaktivitäten sind in Bezug auf die Gesamttätigkeit des Großhändlers von untergeordneter Bedeutung (weniger als 20% des gewichteten dreijährigen Nettoumsatzes).
  • Die Vertriebseinheit darf keine immaterieller Werte, sog Commodities und sonstige Dienstleistungen vertreiben (produktbezogene Einschränkungen).

Pricing Matrix

Herzstück des vorliegenden Ansatzes ist eine Vergütungsmatrix zur Ableitung einer angemessenen EBIT-Marge, welche auf bestimmte Kennzahlen (Intensität des Nettobetriebsvermögens und OPEX-Intensität) bezogen ist und branchenbedingte Abstufungen vorsieht. Als Ergebnis sollen Geschäftsvorfälle im Anwendungsbereich des vorliegenden Ansatzes mit einer EBIT-Marge zwischen 1.5% bis 5.5% vergütet werden. Anpassungen der sonach vorzusehenden Vergütungssätze sind bei Nichterfüllung der Kennzahlen sowie bei Fehlen von (lokalen Vergleichsdaten) vorgesehen.

Compliance und Verrechnungspreisdokumentation

Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger für die Anwendung des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes, bedarf es einer hinreichenden Dokumentation, um sicherzustellen, dass die im Einzelfall betroffenen Steuerverwaltungen über ausreichende und verlässliche Informationen verfügen, um beurteilen zu können, ob die qualifizierten Geschäftsvorfälle die Anwendungsvoraussetzungen erfüllen und der vereinfachte Ansatz ordnungsgemäß auf die in den Anwendungsbereich fallenden Transaktionen angewandt wurde. Die diesbezüglich erforderlichen Informationen können im Einzelfall bereits in der Verrechnungspreisdokumentation (Master und Local File) zumindest teilweise enthalten sein. Im Detail sollen insbesondere folgende Informationen hieraus hervorgehen:

  • Abgrenzung des maßgeblichen Geschäftsvorfalls;
  • Bezugnahme auf bestehende schriftliche Vereinbarungen;
  • Berechnungsdetails zur Ableitung der Kostenstruktur sowie zur Berechnung der erforderlichen Kennziffern;
  • Informationen, wie die herangezogenen Finanzdaten mit dem aktuellen unternehmensrechtlichen Jahresabschluss in Einklang gebracht werden können.

Die Staaten können den vereinfachten und rationalisierten Ansatz entweder als verpflichtende Regelung (dh als verpflichtende Fremdvergleichsgröße) umsetzen oder dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumen, diesen optional anzuwenden. Sofern sich der Steuerpflichtige für die Anwendung des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes entscheidet, hat er diesen für zumindest drei aufeinander folgende Wirtschaftsjahre anzuwenden und dies im Local File (oder einer subsidiären Dokumentation) zu bestätigen.

Streitvermeidung und -beilegung

Der Umstand, dass die OECD den Mitgliedsländern die Option zugesteht, von der Anwendung des vereinfachten und rationalisierten Ansatzes abzusehen, führt zu Unsicherheiten und einem inhärenten Risiko der Doppelbesteuerung. Der Bericht enthält deshalb auch Hinweise darauf, wie bei Verrechnungspreisberichtigungen potenzielle Doppelbesteuerungen beseitigt werden sollten (zB durch ein Verständigungsverfahren). Des Weiteren sollen Ausführungen hierzu im Kommentar zum OECD-Musterabkommen eingearbeitet werden.

Der finale Bericht steht Ihnen auf der Internetseite der OECD zur Verfügung. Die Experten von LeitnerLeitner stehen Ihnen bei Fragen zur Implementierung des neuen Ansatzes gerne zur Verfügung.

Autor:innen

  • Alexander Kras
    Steuerberater | Director
  • Benjamin Reichl
    Steuerberater | Manager

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