DBA Weissrussland-Österreich – einseitige Suspendierung von Verteilungsnormen (Art 10, Art 11, Art 13) durch Belarus
News – 18.03.2024
Hintergrund
In Reaktion auf die Verhängung von Sanktionen gegen Belarus hat das weissrussische Finanzministerium am 14. März 2024 Beschränkungen im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelbesteuerungen kundgemacht (Resolution des Ministerrats Nr. 164 vom 7. März 2024). Gemäß der Resolution wird Belarus die Verteilungsnormen mit Wirkung für den Zeitraum 1. Juni 2024 bis 31. Dezember 2026 nicht mehr anwenden.
Innerstaatliche Änderung des Steuersatzes von Dividenden und ähnliche Einkünfte für ausländische Organisationen
Die Resolution legt fest, dass auf Dividenden und ähnliche Einkünfte für ausländische Organisationen, die ab dem 1. April 2024 bis zum 31. Dezember 2026 nicht über eine ständige Einrichtung in Belarus tätig sind, ein Steuersatz von 25 % (statt bisher 15 %) zur Anwendung gelangt.
Keine Anwendung von Art 10, 11, 13 DBA Weissrussland-Österreich
Im Hinblick auf das DBA Weissrussland-Österreich wurde durch die weissrussische Regierung die einseitige Nichtanwendung der Verteilungsnormen in Bezug auf Dividenden (Art 10), Zinsen (Art 11) und Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen (Art 13) festgelegt. Weitere abkommensrechtliche Bestimmungen sind von der einseitigen Suspendierung nicht betroffen.
Die Suspendierung der ausgewählten Verteilungsnormen wurde auch im Hinblick auf weitere Doppelbesteuerungsabkommen, welche Belarus mit westlichen Staaten (ua Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Schweiz, USA) abgeschlossen hat, beschlossen.
Konkrete Folgen durch einseitige Suspendierung
Mit der Veröffentlichung der weissrussischen Resolution zur einseitigen Suspendierung ausgewählter Verteilungsnormen sollten keine unmittelbaren Folgen aus österreichischer Sicht eintreten. Nach aktuellem Stand sollte das DBA Weissrussland-Österreich zur Gänze anzuwenden sein, insbesondere auch die Verteilungsnormen nach den Art 10, Art 11 und Art 13. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung sollte aus österreichischer Sicht weiterhin in Anwendung des Methodenartikels nach Art 23 erfolgen können.
Eine etwaige Gegensuspendierung oder anderweitige Reaktion durch Österreich bleibt jedoch abzuwarten.
Unterschiede zur Suspendierung weiter Teile des DBA Russland-Österreich
Aufgrund der weitreichenden Suspendierung abkommensrechtlicher Bestimmungen ist nach Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung (vgl BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2023, GZ 2023-0.867.389; siehe dazu auch unseren vergangenen Newsbeitrag) eine Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Basis des DBA Russland-Österreich nicht möglich. Hingegen ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung auf Basis innerstaatlicher Vorschriften, konkret auf Basis der Verordnung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (BGBl II 2002/474) zu § 48 BAO, zu prüfen.
Nachdem im Hinblick auf das DBA Russland-Österreich die Suspendierung weiter Teile des Abkommens (insbesondere sämtliche Verteilungsnormen samt dazugehöriger Protokollbestimmungen) betrifft, kann unseres Erachtens vertreten werden, dass aus materieller Sicht kein DBA (mehr) vorliegt, weshalb eine Entlastung nach innerstaatlichen Vorschriften vertreten werden kann.
Im Unterschied zu Russland hat Belarus die Suspendierung lediglich für ausgewählte Verteilungsnormen angeordnet. Nachdem die Suspendierung des DBA Weissrussland-Österreich nicht derart weitreichend ist, hat eine differenzierte Betrachtung zu erfolgen.
Unter Annahme einer entsprechenden Gegensuspendierung der ausgewählten Verteilungsnormen durch das österreichische BMF würden wesentliche Teile des DBA Weissrussland-Österreich, insbesondere weitere Verteilungsnormen andere Einkünfte betreffend, weiterhin anwendbar bleiben. Daher ist fraglich, ob auch in diesem Fall – analog zu Russland – eine Entlastung von der Doppelbesteuerung nach innerstaatlichen Vorschriften zu lässig ist.
Folgt man der Auslegung, dass die Suspendierung in der materiellen Terminierung der ausgewählten Verteilungsnormen resultiert, könnte vertreten werden, dass für Dividenden, Zinsen und Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen der Auffangtatbestand des Art 21 anwendbar ist. Aus abkommensrechtlicher Sicht würde diesfalls eine Verteilung der Besteuerungsrechte (zu Gunsten des Ansässigkeitsstaats) erfolgen. Eine innerstaatliche Entlastung nach § 1 Abs 2 VO Vermeidung zur Doppelbesteuerung wäre somit nicht möglich, da das DBA Weissrussland-Österreich weiterhin anwendbar ist und auch angewendet wird.
Ausblick
Im Hinblick auf die Suspendierung weiter Teile des DBA Russland-Österreich durch Russland sowie die entsprechende Gegensuspendierung durch Österreich (vgl BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2023, GZ 2023-0.867.389) ist auch im Hinblick auf das DBA Weissrussland-Österreich eine entsprechende Gegensuspendierung durch das österreichische Finanzministerium zu erwarten. Ob eine Gegensuspendierung durch das österreichische BMF tatsächlich erfolgt und inwiefern aus österreichischer Sicht mit der Suspendierung umzugehen ist, bleibt abzuwarten. Bis zur Kundmachung einer entsprechenden Gegensuspendierung durch das österreichische BMF erwachsen aus der einseitigen Suspendierung durch Belarus keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des DBA Weissrussland-Österreich aus österreichischer Sicht.
Autor:innen
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Patrick BrünnerSteuerberater | ManagerDetails zur Person