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Neue EAS zu Homeoffice – Entschärfung der Betriebsstätten-Thematik?

News – 25.07.2023

In der jüngsten EAS 3445 vom 7. Juli 2023 (Titel: „(Keine) Homeoffice-Betriebsstätte einer geschäftsleitenden Holding“) beschäftigte sich das BMF neuerlich mit der Thematik der potentiellen Begründung einer Betriebsstätte durch Tätigwerden einer Mitarbeiterin im Homeoffice.

Der Fall

Konkret behandelt die gegenständliche EAS einen Sachverhalt, in dem eine in Österreich ansässige Mitarbeiterin im Rechnungswesen einer in Deutschland ansässigen geschäftsleitenden Holding-AG beschäftigt ist. Dabei übt sie ihre Tätigkeit dauerhaft drei Tage pro Woche in den Räumlichkeiten der AG in Deutschland und zwei Tage pro Woche in ihrer Privatwohnung in Österreich aus.

Rechtsfragen

Vorauszuschicken ist, dass die Begründung einer Betriebsstätte nach Maßgabe der OECD im Wesentlichen das Vorliegen der festen (iSv dauerhaften) Geschäftseinrichtung, durch die die Unternehmenstätigkeit ausgeübt wird, und über die das Unternehmen eine Verfügungsmacht innehat, bedingt:

Dass die Wohnung einer Mitarbeiterin eine Geschäftseinrichtung darstellt, steht seitens der OECD und offenbar auch seitens des BMF außer Streit. Somit beschränkt sich die Analyse im gegenständlichen auf die Frage, ob einerseits die Art der Tätigkeit eine Unternehmenstätigkeit darstellt (und nicht die Ausnahme für bloße Hilfstätigkeiten erfüllt), die Tätigkeit ausreichend dauerhaft ausgeübt wird und ob das Unternehmen auch die Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung innehat.

Lösung durch das BMF

Das BMF stellte fest, dass bei einer Nutzung des Homeoffice an zwei Tagen pro Woche nicht von einer bloß gelegentlichen Nutzung ausgegangen werden könne und sieht somit offenbar das Element der Dauerhaftigkeit als Voraussetzung für eine Betriebsstätte als erfüllt an. Auch der Ausnahmetatbestand für bloße Hilfstätigkeiten iSd Artikel 5 Abs 4 DBA-Deutschland soll im gegenständlichen Fall nicht greifen, zumal eine Tätigkeit im Rechnungswesen bei einer geschäftsleitenden Holding zu deren Kerngeschäft zählen soll.

Im Hinblick auf das Element der Verfügungsmacht verweist das BMF auf seine Auffassung in EAS 3415, wonach durch die Tätigkeit im Homeoffice grundsätzlich eine faktische Verfügungsmacht über eine inländische feste örtliche Einrichtung begründet werden könne. In Folge bezieht sich das BMF auf den OECD-Musterkommentar 2017 (Art. 5 Rz 18 f), wonach eine solche Verfügungsmacht grundsätzlich aber zu verneinen wäre, wenn der Arbeitgeber vom Mitarbeiter die Tätigkeit im Homeoffice nicht verlangt, indem er dem Mitarbeiter einen Arbeitsplatz zur ständigen Benutzung zur Verfügung stellt und dieser auch tatsächlich genutzt wird.

Laut Ansicht des BMF sei bei einer Tätigkeit von drei Tagen pro Woche an einem ständig zur Verfügung stehenden eigenen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber davon auszugehen, dass der Arbeitgeber das Arbeiten im Homeoffice nicht verlangt und daher keine faktische Verfügungsmacht über das Homeoffice vorliegt.

Somit würde im gegenständlichen Fall keine Betriebsstätte gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA-Deutschland begründet werden.

Schlussanmerkung des BMF

Laut BMF lasse der OECD-Musterkommentar offen, ob das Kriterium des „Nicht-Verlangens“ bei Führungspersonal oder leitenden Angestellten (wie etwa bei einer Finanzvorständin) gleichermaßen gegen die Begründung einer Betriebsstätte sprechen würde. Daher sei diese Frage aus heutiger Sicht auf internationaler Ebene noch ungeklärt. Nach Ansicht des BMF sei alleine der Umstand, dass die Homeoffice-Tätigkeit auf Wunsch der Mitarbeiterin erfolgt, für die Beurteilung einer Betriebsstätte in einem solchen Fall nicht maßgeblich.

Kommentierung – Auswirkungen auf die Praxis

Auf Basis der bislang seitens des BMF publizierten EAS und den Verrechnungspreisrichtlinien war davon auszugehen, dass Tätigkeiten im Homeoffice, die weniger als 25% der Gesamtarbeitszeit (zB ein Tag pro Woche) der Mitarbeiter einnehmen, jedenfalls mangels ausreichender Dauerhaftigkeit keine Betriebsstätte begründen. Weiters vertrat das BMF die Auffassung, dass eine mehr als 50-prozentige Nutzung des Homeoffice dem Arbeitgeber eine „faktische Verfügungsmacht“ darüber verschaffe und damit eine Betriebsstätte begründen kann (vgl VPR 2021 Rz 262).

Die aktuelle EAS konkretisiert nunmehr, dass auch bei einer Tätigkeit im Homeoffice, die 40% der Gesamtarbeitszeit (2 Tage pro Woche) einnimmt, keine Betriebsstätte anzunehmen sein soll, da es nach Ansicht des BMF am Verlangen des Arbeitgebers zur Nutzung des Homeoffice und somit an dessen Verfügungsmacht darüber mangle.

Das BMF stellt somit in der aktuellen EAS das „Verlangen des Arbeitgebers“ als Faktor für die Begründung der (faktischen) Verfügungsmacht in den Mittelpunkt und versucht dies vom zeitlichen Ausmaß der Tätigkeit des Mitarbeiters im Homeoffice bzw. am Arbeitsplatz beim Arbeitgeber abzuleiten. Aus unserer Sicht stellt das zeitliche Ausmaß des Tätigwerdens des Mitarbeiters im Homeoffice nur ein Indiz für das „Verlangen des Arbeitgebers“ und die Verfügungsmacht dar.

Denkbar sind aus unserer Sicht auch Fälle, in denen es dem Mitarbeiter (völlig) freisteht, den eigenen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zu nutzen oder im Homeoffice tätig zu sein, und ein Mitarbeiter – trotz „Nicht-Verlangens des Arbeitgebers“ – in einem Ausmaß von über 50% im Homeoffice tätig wird. Auch in solchen Fällen sollte es unseres Erachtens in der Regel nicht zur Begründung einer Betriebsstätte durch die Nutzung des Homeoffice kommen.

Unabhängig vom Ausmaß des Tätigwerdens im Homeoffice sollte aus unserer Sicht die theoretische Möglichkeit des Arbeitnehmers, den eigenen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber aufgrund der geographischen Nähe bzw. Erreichbarkeit nutzen zu können, gegen die Begründung einer Betriebsstätte durch ein Homeoffice sprechen.

Weitere Klarstellungen durch das BMF wären zu begrüßen, zumal derartige Homeoffice-Betriebsstätten in Relation zum allokierbaren Steueraufkommen mit hohem Compliance-Aufwand verbunden sind.

Für die Praxis ist jedenfalls anzuraten, entsprechende Regelungen zur Homeoffice Nutzung bereits in Dienstverträgen zu verankern und entsprechende Aufzeichnungen über die Nutzung des Homeoffice zu führen. Zudem ist es in Grenzfällen empfehlenswert, den Sachverhalt gegenüber dem Finanzamt offenzulegen.

Zumal das BMF keine konkreteren Anhaltspunkte für die Frage der Betriebsstättenbegründung durch die Nutzung des Homeoffice durch Führungspersonal bzw. leitende Angestellte darlegt, ist insbesondere in solchen Fällen eine Detailanalyse durch einen Steuerberater zu empfehlen.

Autor:innen

  • Alexander Kras
    Steuerberater | Director

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